Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 31.08.1967 - 3 C 1/67 = AS 10, 179= RdL 1968 S. 25
Aktenzeichen | 3 C 1/67 | Entscheidung | Urteil | Datum | 31.08.1967 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | = AS 10, 179 = RdL 1968 S. 25 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Jeder Teilnehmer eines Flurbereinigungs- oder Zusammenlegungsverfahrens ist berechtigt, bis zum Inkrafttreten der Ausführungsanordnung über seine Altparzellen zu verfügen. |
2. | Der Erwerber solcher Altparzellen braucht die mit der Planvorlage bekanntgegebene Neuplanung jedenfalls dann nicht gegen sich gelten lassen, wenn diese seinem Rechtsvorgänger gegenüber noch nicht verbindlich geworden war. |
Aus den Gründen
Sämtliche Kläger haben einen Anspruch auf Zuteilung in Land von gleichem Wert, und zwar entsprechend den Altparzellen, die sie durch die Grundbucheintragung vom 18.10.1965 erworben haben, bzw. den Altparzellen, die sie sich zurückbehalten haben. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 92 Abs. 2, § 44 FlurbG. Das Kulturamt hat daher mit den entsprechenden Festsetzungen im Nachtrag III zum Zusammenlegungsplan zu Recht versucht, den Klägern für die von ihnen eingebrachten Altparzellen Neuzuteilungen zu geben. Dieser Teil des Nachtrags III durfte daher von der Spruchstelle nicht aufgehoben werden.
Aus § 92 Abs. 2, § 15 FlurbG ergibt sich im vorliegenden Falle nicht die von dem Bekl. gezogene Schlußfolgerung. Es ist zwar richtig, daß auf Grund dieser Bestimmungen der Erwerber eines Grundstücks, das im Flurb.- (oder Zusammenlegungs-) Gebiet liegt, ein bis zu seiner Eintragung im Grundbuch oder bis zur Anmeldung des Erwerbs durchgeführtes Verfahren gegen sich gelten lassen muß. Das bedeutet aber nur, daß sich der betreffende Erwerber die bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verfahrensabschnitte, rechtswirksame behördliche Festsetzungen und rechtsverbindliche Handlungen seines Rechtsvorgängers anrechnen lassen muß, nicht jedoch auch die noch nicht rechtskräftigen Planungen. Dieses ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift (" d u r c h g e f ü h r t e V e r f a h r e n "). Die hier maßgebliche behördliche Festsetzung war die Aufstellung des Zusammenlegungsplanes und Bekanntgabe der Neuzuteilung, welche unstreitig vor Abschluß des notariellen Übergabevertrages erfolgt war. Diese Festsetzung und ihr Zugang bei den Klägern zu 1) konnte diese jedoch nicht an der teilweisen Übertragung ihres Alteigentums hindern, da unbestrittenermaßen die Einleitung und Durchführung eines Flurb.- oder Zusammenlegungsverfahrens den Grundstücksverkehr zu keiner Zeit behindert (vgl. Seehusen-Schwede-Nebe, Komm. z. FlurbG., 2. Aufl. 1966, Anm. 1 zu § 15).
Die den Klägern zu 1) bekanntgegebene Neuzuteilung konnte die Kläger zu 2) bis 4) als Erwerber nur insoweit binden, als auch ihre Rechtsvorgänger durch sie gebunden worden sind. Da deren Abfindung jedoch im Zeitpunkt der Übertragung der Altparzellen noch nicht rechtskräftig feststand, ist für diese eine solche Bindung nicht eingetreten. Der Flurb.Plan steht rechtskräftig fest, wenn Beschwerden gegen ihn nicht erhoben sind oder wenn rechtskräftig über sie entschieden ist (§ 61 S. 1 FlurbG). Was für den Flurb.Plan als zusammengesetzten Verwaltungsakt insgesamt gilt, trifft jeweils auf die Festsetzungen für die einzelnen Teilnehmer zu. Die Kläger zu 1) hatten jedoch gegen ihre Abfindung unstreitig rechtzeitig Beschwerde erhoben und diese bis zur Übertragung eines Teiles ihres Grundbesitzes auch nicht zurückgenommen. Eine rechtskräftige Abfindung, die die Erwerber (die Kläger zu 2) bis 4) nach § 15 FlurbG unter Umständen gegen sich gelten lassen müßten, lag daher im Zeitpunkt der Übertragung (19.10.1965) nicht vor.
Die Meinung des Bekl., daß bei einer Übertragung von Altparzellen in der Zeit zwischen Planvorlage und Wirksamwerden der Ausführungsanordnung die Parteien bei der notariellen Beurkundung stets verpflichtet seien, sich auch über die neuen Flurstücke zu einigen und dafür Sorge zu tragen, daß diese in die Urkunde mitaufgenommen werden, findet zumindest bezüglich einer noch nicht rechtskräftigen Abfindung im Gesetz keine Stütze. Erst mit dem in der Ausführungsanordnung (bzw. der vorzeitigen Ausführungsanordnung) bestimmten Zeitpunkt - und nicht etwa bereits mit der Planvorlage - tritt der im Flurb.Plan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen (§ 61 S. 2 FlurbG). Unstreitig ist dies der 10.11.1965 gewesen. Bis zu diesem Tage durften die Kläger zu 1) daher über ihre Altparzellen verfügen, ohne daß sie verpflichtet waren, auch gleichzeitig die entsprechenden neuen Flurstücke zu benennen. Diese Verpflichtung konnte auch schon deswegen nicht entstehen, weil sie nicht mit sämtlichen Abfindungsplänen einverstanden waren und etwa eine Aufteilung nach streitbefangenen und nicht streitbefangenen Plänen (im Hinblick auf das von ihnen eingeleitete einheitliche Beschwerdeverfahren) von ihnen nicht verlangt werden kann. Da jedoch das Flurb.Verfahren in jedem Stadium ein behördlich geleitetes Verfahren ist (§ 2 FlurbG), in dem die Behörde die Pflicht hat, die rechtlichen Verhältnisse zu ordnen (§ 37 Abs. 2 FlurbG), würde der gegenteilige, vom Bekl. vertretene Standpunkt, wonach bei fehlender Einigung der Beteiligten die Behörde zu einer Mitwirkung nicht verpflichtet ist, nicht mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes in Einklang stehen. Vielmehr ergibt sich aus den genannten Vorschriften (§ 61 Satz 2 FlurbG, § 37 Abs. 2 FlurbG), daß die Flurb.Behörde nach Eintragung im Grundbuch oder nach erfolgter Anmeldung des Erwerbs (§ 15 FlurbG) die Pflicht hat, den neuen Verfahrensteilnehmern entsprechend ihren Altparzellen eine wertgleiche Abfindung gemäß § 44 FlurbG zu verschaffen.
Der vom Kulturamt aufgestellte Nachtrag III, in dem den Klägern jeweils eine Zuteilung gegeben worden ist, durfte daher von der Spruchstelle nicht ersatzlos aufgehoben werden. Es ist zwar verfahrenstechnisch richtig, daß diese zunächst einmal die ursprüngliche Gesamtabfindung der Ord.Nr. 174 überprüft hat, um feststellen zu können, ob die Unterteilung (Sonderung) nach ihrem Dafürhalten auf einer im Hinblick auf den Gesamtaltbesitz wertgleichen Grundlage erfolgt ist. Damit allein durfte sie sich jedoch nicht begnügen, weil sonst der weitergehende Anspruch der (neuen) Verfahrensteilnehmer unerfüllt bleiben müßte.