RzF - 51 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG

Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 29.08.1975 - 12 XIII 74 und 54 XIII 74 = RdL 1976 S. 157

Aktenzeichen 12 XIII 74 und 54 XIII 74 Entscheidung Urteil Datum 29.08.1975
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen RdL 1976 S. 157  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Für eine Einlage in einem allgemeinen Wohngebiet kann der Teilnehmer nicht beanspruchen, daß bei der Abfindung noch landwirtschaftlich-betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die im Bebauungsplan keine Grundlage haben.

Aus den Gründen

Durch die gemeindliche Bauleitplanung, die im rechtswirksamen Bebauungsplan vom 28.12.1972 konkretisiert wurde, fielen die klägerischen Einlagegrundstücke 141/1 und 144/1 in ein als allgemeines Wohngebiet ausgewiesenes Bauland. Nach dem Bebauungsplan sind diese Einlageflurstücke Teile von fünf Bauparzellen; der diese Parzellen erschließende Gemeindeweg zerschneidet die klägerischen Einlagen in zwei Teile. Im Flurbereinigungsverfahren erhielten sie als Abfindung neben dem bestehenden Anwesen entsprechend ihrer Baulandforderung weitere Baulandflächen, die nach der im Bebauungsplan vorgesehenen Ordnung vier Bauparzellen ergeben. Die Grundstücke grenzen jeweils aneinander; nur Ersatzflurstück 120 ist durch den Gemeindeweg vom übrigen Besitz getrennt.

Die Kläger beklagen diese Trennung, da ihre bisherige Wiese nicht mehr einheitlich bewirtschaftet werden kann und sie deshalb Nachteile in der Bewirtschaftung haben. Auch wollen sie nicht bauen, sondern die Bewirtschaftung ihrer Wiese fortsetzen. Damit können sie jedoch nicht gehört werden.

Durch das Inkrafttreten des Bebauungsplanes am 5.9.1973 unterliegen die klägerischen Einlagegrundstücke der im Bebauungsplan festgelegten städtebaulichen Ordnung. Der Wert dieser Grundstücke aber auch ihre künftigen Nutzungsmöglichkeiten richten sich nach dieser neuen Zweckbestimmung. Sie sind als Baugrundstücke in einem allgemeinen Wohngebiet zu bewerten; ihre Nutzung und Nutzungsmöglichkeiten sind nicht mehr auf die landwirtschaftliche Nutzung ausgerichtet, selbst wenn diese Grundstücke noch landwirtschaftlich genutzt werden; eine solche Nutzung ist allenfalls nur von vorübergehender Natur. Für die Beurteilung der Gleichwertigkeit der Abfindung kann deshalb nicht auf Wertmaßstäbe zurückgegriffen werden, die in einem solchen Baugebiet keine Bedeutung mehr haben. Als Umstände, die auf die Benutzung und Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluß haben, ist nicht der betriebswirtschaftlich-landwirtschaftliche Wert, sondern allein der im Rahmen der neuen städtebaulichen Ordnung gewandelte Wert als Bauland im Wohnbaugebiet maßgebend. Dieser Wandel, der sich aus der gemeindlichen Bauleitplanung ergibt, ist der Einlage zuzurechnen. Die sich hieraus gegenüber der bisherigen Nutzung ergebenden betriebswirtschaftlichen Nachteile haften bereits der Einlage an; sie sind bei der Abfindung im Flurbereinigungsverfahren deshalb auch nicht auszugleichen. Die Kläger können auch nicht verlangen, daß bei der Abfindung noch landwirtschaftlich-betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die im Bebauungsplan keine Grundlage haben. Schließlich ist dies der Preis dafür, daß die bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücke durch die städtebauliche Planung in einem allgemeinen Wohngebiet zu liegen kamen und ihnen deshalb ein erheblicher Wert zuwuchs.

Die Kläger haben ihren Anspruch auf wertgleiche Abfindung gemessen an ihrer Baulandeinlage durch die Ausweisung der der baulichen Ordnung entsprechenden Bauparzellen Ersatzflurstück 120, 121, 121/3 und 121/1 voll erhalten. Weitergehende Ansprüche haben sie nicht.

Die durch die Abtrennung eines Flurstücks entstehenden - ohnedies nur leichten - Bewirtschaftungsnachteile gegenüber der bisherigen Nutzung sind unerheblich und bei der Abfindung nicht zu berücksichtigen.

Der Wunsch der Kläger, die Straßenfläche, soweit sie ihre Einlagegrundstücke berührt, durch eigene Vereinbarungen mit der Gemeinde an diese zu veräußern, findet im Gesetz keine Stütze. Die im Rahmen der Neugestaltung der Grundstücke auftretenden Umstellungsarbeiten, wie Zaunversetzungen u. a. m., beurteilen sich allenfalls nach § 51 FlurbG. Diese Ansprüche sind erstmals in der mündlichen Verhandlung angedeutet worden; sie sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Sie setzen entsprechende Anträge bei der Beklagten voraus, über die erst entschieden werden muß, ehe das gerichtliche Verfahren hierwegen in Gang gesetzt werden kann.

Die Neugestaltungsmaßnahmen der Beklagten im Bereich der klägerischen Einlage sind auch zweckmäßig, da sie die im Bebauungsplan vorgegebene Planungskonzeption übernommen hat. Nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung wird durch Baugebietspläne, Bebauungspläne und ähnliche Planungen die Zuziehung der Ortslage zur Flurbereinigung nicht ausgeschlossen (§ 37 Abs. 1 Satz 3 FlurbG). Es können deshalb auch Neuordnungsmaßnahmen der Flurbereinigungsbehörden in diesen Gebieten vorgenommen werden. Da in dem allgemeinen Wohngebiet des Bebauungsplanes vom 28.12.1972, das im Zeitpunkt des gerichtlichen Augenscheins bereits überwiegend bebaut war, keine landwirtschaftlichen Zwecke zu berücksichtigen waren, entsprach es zweckmäßigem Planungsermessen, die Neugestaltungsmaßnahmen im Einklang mit der gemeindlichen Bauleitplanung vorzunehmen. Daß hierbei bereits auf die von der Beklagten angeregten und vom Gemeinderat auch schon beschlossenen - aber noch nicht rechtswirksamen - Änderung des Bebauungsplanes hinsichtlich der Lage des Kinderspielplatzes abgestellt wurde, ist unerheblich, da selbst die Kläger die Lage dieses Kinderspielplatzes in der geänderten Form für günstiger halten.