Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.07.1997 - BVerwG 11 C 2.97 = BVerwGE 105, 128= RdL 1998 S. 158
Aktenzeichen | BVerwG 11 C 2.97 | Entscheidung | Urteil | Datum | 09.07.1997 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = BVerwGE 105, 128 = RdL 1998 S. 158 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Eine Ladung zu einer Aufklärungsversammlung erfordert nicht die Übersendung einer Gebietskarte. |
2. | Die "Zielstellung" des § 3 LwAnpG umfaßt die Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum nach § 64 Satz 1 LwAnpG auch dann, wenn der antragstellende Gebäudeeigentümer in Ausübung eines ihm zugewiesenen Nutzungsrechts auf genossenschaftlich genutzten Bodenflächen ein Eigenheim errichtet hat (sog. Häuslebauer-Fälle). |
3. | § 3 LwAnpG beschränkt den räumlichen Anwendungsbereich des § 64 Satz 1 LwAnpG auf den ländlichen Grundbesitz im Sinne von § 1 FlurbG. |
4. | Wenn der Gebäudeeigentümer Tauschflächen nicht in das Bodenordnungsverfahren einbringen kann, beschränkt sich der "freiwillige Landtausch" regelmäßig auf den Versuch, eine Vereinbarung über eine Geldabfindung des weichenden Bodeneigentümers zu erreichen. |
5. | Die Ermittlung von Tauschflächen kann auch dann dem Bodenordnungsverfahren vorbehalten bleiben, wenn der Bodeneigentümer eine Geldabfindung von vornherein ablehnt. Ob das Verfahren erfolgreich abgewickelt werden kann, wenn diese Ermittlungen negativ verlaufen, bleibt offen. |
6. | Der Neuordnungsauftrag des § 64 Satz 1 LwAnpG ermöglicht es, bei der Abgrenzung des Verfahrensgebiets dem Interesse des Gebäudeeigentümers an einer straßenmäßigen Erschließung seines Eigenheims Rechnung zu tragen. |
Aus den Gründen
Die Revision ist unbegründet.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegende Rechtsauffassung der Vorinstanz hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand. Auch die gegen das Verfahren der Vorinstanz erhobenen Rügen bleiben ohne Erfolg.
Der angefochtene Anordnungsbeschluß leitet ein Bodenordnungsverfahren ein, das eine auf der Grundlage des gesetzlichen Bodennutzungsrechts der LPG entstandene Trennung von Gebäude- und Grundeigentum beseitigen soll. § 64 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 03. Juli 1991 - BGBl I S. 1418 -, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 20. Dezember 1996 - BGBl I S. 2082 - (LwAnpG) regelt dieses Verfahren durch eine Verweisung auf die Vorschriften des 8. Abschnitts dieses Gesetzes und macht damit u.a. § 63 Abs. 2 LwAnpG anwendbar, wonach die Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. März 1976 - BGBl I. S. 546 -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juni 1997 - BGBl I S. 1430, 1440 - (FlurbG) sinngemäß Anwendung finden. Nach § 4 FlurbG kann die zuständige Flurbereinigungsbehörde "die Flurbereinigung anordnen und das Flurbereinigungsgebiet feststellen". Eine sinngemäßen Heranziehung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, daß ein Bodenordnungsverfahren nach § 64 LwAnpG - anders als das Flurbereinigungsverfahren - nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der dort genannten Eigentümer eingeleitet wird.
Die Revision zieht nicht in Zweifel, daß die in § 64 LwAnpG selbst genannten Voraussetzungen für die Einleitung des Bodenordnungsverfahrens vom Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler bejaht worden sind. Auch der erkennende Senat hat insoweit gegen die von der Vorinstanz geäußerte Rechtsauffassung nichts zu erinnern. Soweit die Revision in den weiteren Überlegungen des Oberverwaltungsgerichts eine Verletzung von Bundesrecht erblickt (vgl. § 131 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), ist dem nicht zu folgen.
1. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe, die die Revision gegen die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts richtet, die Klägerin sei nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Abgesehen davon, daß ein etwaiges Anhörungsdefizit im Widerspruchsverfahren geheilt worden wäre (vgl. § 1 SächsVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG; auch BVerwG, Beschluß vom 3. März 1988 - BVerwG 5 B 125.86 - Buchholz 424.01 § 57 FlurbG Nr. 2), überzeugt es nicht, wenn die Revision der Flurneuordnungsbehörde insoweit Verfahrensfehler vorhält.
Soweit die Revision eine Verletzung von § 28 Abs. 1 VwVfG (i.V.m. § 1 SächsVwVfG) rügt, muß sie sich entgegenhalten lassen, daß für die Anwendung der genannten Vorschrift neben § 5 Abs. 1 FlurbG (i.V.m. § 63 Abs. 2 LwAnpG) kein Raum ist (vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. Dezember 1992 - BVerwG 11 B 5.92 - Buchholz 424.01 § 5 FlurbG Nr. 2). Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 FlurbG stellt es der Flurneuordnungsbehörde grundsätzlich frei, in welcher Form sie die vorgeschriebene Aufklärung der beteiligten Eigentümer vornehmen will. Auch die Form der Einladung zu einer Aufklärungsversammlung ist nicht gesetzlich festgelegt (vgl. schon BVerwG, Beschluß vom 28. Dezember 1959 - BVerwG 1 CB 170.59 - Buchholz 424.01 § 4 FlurbG Nr. 2, Beschluß vom 9. Dezember 1992 - BVerwG 11 B 5.92 - Buchholz 424.01 § 5 FlurbG Nr. 2). Eine persönliche Verständigung des einzelnen Eigentümers - wie sie hier durch das Ladungsschreiben vom 11. Mai 1993 erfolgt ist - begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Revision meint, die Ladung zur Aufklärungsversammlung sei ohne Übersendung einer Gebietskarte nicht ordnungsgemäß gewesen. Sie - die Klägerin - habe auch keine Mitteilung darüber erhalten, daß die Flurstücke 247/15 und 247/17 zum Verfahrensgebiet gehören könnten. Da sie nicht auf die Erweiterung des Verfahrensgebietes hingewiesen worden sei, habe sie keine Veranlassung gesehen, an der Aufklärungsversammlung teilzunehmen. Richtig daran ist, daß das Ladungsschreiben vom 11. Mai 1993 in seinem Betreff nur die Flurstücke 247/3 und 247/5 nennt, für die seitens der Beigeladenen der Antrag auf Durchführung des Bodenordnungsverfahrens gestellt worden war. Mehr war nach den näheren Umständen des konkreten Falles aber zur Information der Klägerin auch nicht erforderlich.
Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, daß nur die im Betreff des Ladungsschreibens genannten Grundstücke in der Aufklärungsversammlung Gegenstand der Erörterungen sein würden. Wie noch darzustellen sein wird (unten 4.), ist § 64 LwAnpG ein gesetzlicher Neuordnungsauftrag zu entnehmen, der es - entgegen der Ansicht der Klägerin - gestattete, auch die Flurstücke 247/15 und 247/17 im Hinblick auf ihre Erschließungsfunktion in das Verfahrensgebiet einzubeziehen. In ihren direkten Verhandlungen mit den Beigeladenen (Schreiben Immobilien L. vom 15. Oktober 1992) ebenso wie in ihren Verhandlungen mit dem ALN K. (Schreiben der Klägerin vom 3. März 1993) hatte die Klägerin zuvor selbst unter Hinweis auf die Erschließungssituation die Flurstücke 247/15 und 247/17 jeweils mit zum Kauf angeboten. Für sie konnte es daher keine überraschende Entwicklung darstellen, wenn die Flurneuordnungsbehörde diese Überlegung aufgriff und die genannten Flächen in das Bodenordnungsverfahren einbezog.
Der weiteren Rüge der Revision, angesichts des seit der Aufklärungsversammlung verstrichenen Zeitraums von mehr als zwei Jahren wäre eine neue Erörterung mit den Beteiligten erforderlich gewesen, hat das Oberverwaltungsgericht mit Recht entgegengehalten, daß in der Zwischenzeit eine Änderung der Sachlage, die eine erneute Anhörung hätte erforderlich machen können, nicht eingetreten sei. Die zugrundeliegende Tatsachenfeststellung ist mangels einer diesbezüglichen Verfahrensrüge der Revision für den erkennenden Senat bindend (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
2. Die Revision ist der Meinung, § 64 LwAnpG stelle als Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff in das Eigentum der am Verfahren Beteiligten keine vollständige Norm dar. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift müßten vielmehr in der Weise "komplettiert" werden, daß die Anordnung von Neuordnungsverfahren nur im Rahmen der Zielvorgabe des § 3 LwAnpG erfolgen dürfe. Insofern sei dem Oberverwaltungsgericht nicht darin zu folgen, daß der Anwendungsbereich von § 64 LwAnpG sich auf alle sog. Häuslebauer-Fälle erstrecke. Der erkennende Senat vermag § 3 LwAnpG diese Einschränkung nicht zu entnehmen.
Nach der genannten Vorschrift dient das Landwirtschaftsanpassungsgesetz zum einen "der Entwicklung einer vielfältig strukturierten Landwirtschaft" und zum anderen "der Schaffung von Voraussetzungen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger Landwirtschaftsbetriebe, um die in ihnen tätigen Menschen an der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung zu beteiligen". Der Revision ist einzuräumen, daß in denjenigen Fällen, in denen auf der Grundlage des gesetzlichen Nutzungsrechts der LPG landwirtschaftliche Flächen zum Eigenheimbau zur Verfügung gestellt worden sind, zumindest eine von den Gebäudeeigentümern beantragte Zusammenführung von Gebäude- und Grundeigentum mit dieser Zielstellung nicht in einen unmittelbaren Zusammenhang zu bringen ist. Die Entflechtung der Rechtsbeziehungen auf dem Grundstück führt in diesen Fällen nicht dazu, daß die geänderte Nutzung aufgegeben und die Flächen wieder landwirtschaftlichen Zwecken zugeführt werden. Denn das Bodenordnungsverfahren wird von den Gebäudeeigentümern hier mit dem Ziel beantragt, ihr Eigentum zu komplettieren und so ihre Investitionen in den Eigenheimbau zu sichern. Die gesetzliche Systematik und die Entstehungsgeschichte des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes machen allerdings deutlich, daß § 64 sich nicht entgegen seinem Wortlaut in der Weise einschränkend interpretieren läßt, wie es die Revision wünscht.
§ 3 LwAnpG ist nichts dafür zu entnehmen, daß die darin genannten Ziele durch eine Rückabwicklung erreicht werden sollen. Es soll nicht der Zustand wiederhergestellt werden, der vor den bodenrechtlichen Maßnahmen der DDR-Organe bestanden hat. Angestrebt wird vielmehr eine "Neuordnung der Eigentumsverhältnisse" (Überschrift des 8. Abschnitts; vgl. auch § 53 Abs. 1 LwAnpG). Dabei läßt § 64 Satz 1 LwAnpG erkennen, daß Ergebnis der Neuordnung die Sicherung der baulichen Investitionen der Gebäudeeigentümer sein kann, auch wenn insoweit eine Rückkehr zu einer landwirtschaftlichen Nutzung der bebauten Flächen ausscheidet. Denn nur so ist zu erklären, daß in § 64 Satz 1 LwAnpG den Gebäudeeigentümern ein Antragsrecht mit der Folge zugestanden worden ist, daß der Grundeigentümer - zumindest in der Regel - weichen muß.
Der in § 64 Satz 1 LwAnpG verwendete Begriff der "Gebäude" umfaßt auch Eigenheime. Wenn der Gesetzgeber Eigenheime von dem Anwendungsbereich des Bodenordnungsverfahrens hätte ausschließen wollen, hätte es nahegelegen, dies ausdrücklich klarzustellen. Das Schweigen des Gesetzes ist insoweit beredt. Der Beklagte hat unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zu dem noch von der DDR-Volkskammer verabschiedeten Landwirtschaftsanpassungsgesetz vom 29. Juni 1990 - GBl I S. 642 - zutreffend dargelegt, daß seinerzeit speziell auch der Eigenheimbau auf den von LPG genutzten Flächen als Problem angesehen wurde, das im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens einer Lösung zugeführt werden sollte. In der DDR waren nämlich nach Schätzungen rund 75 v.H. des Eigenheimbestandes (= rund 200 000 Eigenheime) auf dem Lande auf fremden Grundstücken errichtet worden (vgl. Thöne, Die agrarstrukturelle Entwicklung in den neuen Bundesländern, 1993, S. 221).
Der in § 64 LwAnpG enthaltene Gestaltungsauftrag hat unter diesen Umständen gerade für die Fälle der Eigenheime erhebliches Gewicht. Eine Entflechtung der Rechtsbeziehungen auf diesen Grundstücken wäre - wie der Oberbundesanwalt zutreffend betont hat - als ein nennenswerter Beitrag zu der Zielstellung des § 3 LwAnpG zu werten. Für die strukturelle Entwicklung der ländlichen Räume in der ehemaligen DDR ist es ein schwerwiegendes Investitionshemmnis, wenn die Verkehrsfähigkeit von Flächen in großem Umfang durch die Aufspaltung zwischen Gebäude- und Grundeigentum behindert wird. Die dadurch bewirkte Rechtsunsicherheit führt unvermeidlich dazu, daß Gebäudeeigentümer zum Erhalt oder zum Ausbau ihrer Eigenheime erforderliche Investitionen zurückstellen, wobei die fehlende Investitionsbereitschaft ihre Ursache nicht nur darin hat, daß Fehlinvestitionen befürchtet werden. Hinzu kommt, daß beim Auseinanderfallen von Gebäude- und Grundeigentum jede Fremdfinanzierung auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, weil Geldinstitute das Gebäudeeigentum nicht ohne weiteres als ausreichendes Mittel zur Kreditsicherung akzeptieren werden.
Die von der Revision für richtig erachtete Auslegung des § 3 LwAnpG beruht letztlich auf der Prämisse, die Zielstellung beschränke die Bodenneuordnung auf landwirtschaftliche Flächen. Dies trifft aus den zuvor genannten Gründen jedoch nicht zu. Vielmehr zeichnet sich bei zutreffender Interpretation eine Parallele zum Flurbereinigungsgesetz ab, daß - deutlicher als das Landwirtschaftsanpassungsgesetz - in seinem § 1 zum Ausdruck bringt, worum es eigentlich geht; nämlich darum, daß im Interesse einer Strukturförderung "ländlicher Grundbesetz" neu geordnet wird. Durch die Rechtsprechung zur Auslegung dieses Begriffs ist geklärt, daß insoweit nicht darauf abzustellen ist, ob der Grundbesitz landwirtschaftlich genutzt wird (vgl. BVerwG, Beschluß vom 28. Dezember 1959, a.a.O., Urteil vom 5. Mai 1983 - BVerwG 5 C 2.81 - Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 7 S. 13).
Allerdings - und hierin stimmt der erkennende Senat der Revision zu - führt diese Parallele dazu, daß sich § 3 LwAnpG eine Einschränkung des räumlichen Anwendungsbereichs für § 64 LwAnpG entnehmen läßt. Es würde nicht der gesetzlichen Zielstellung dienen, wenn von dem Instrumentarium der Bodenneuordnung in einem städtisch geprägten Bereich Gebrauch gemacht würde. Davon kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Mit der von ihr insoweit erhobenen Aufklärungsrüge kann die Revision nicht durchdringen.
Es ist nicht zu beanstanden, daß das Oberverwaltungsgericht insoweit auf eine Ortsbesichtigung verzichtet hat. Die Eigenheime der Beigeladenen liegen nach dem bei den Verwaltungsakten befindlichen Kartenmaterial, auf das im vorinstanzlichen Urteil Bezug genommen wird, am Rande des zur Gemeinde E. gehörigen Ortsteils N. an der dortigen "Dorfstraße". Der dörfliche Charakter dieses Ortsteils war in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ebenso unstreitig wie die im angefochtenen Urteil erwähnte Einordnung durch den Landesentwicklungsplan S.. Streitig ist nur der Bebauungszusammenhang der in das Verfahrensgebiet einbezogenen Grundstücke mit der übrigen an der Dorfstraße vorhandenen Bebauung. Hierauf kommt es aber nicht streitentscheidend an. Selbst wenn man einen Bebauungszusammenhang (vgl. § 34 Abs. 1 BauGB) unterstellt, besagt dies nämlich nicht, daß die Eigenheime der Beigeladenen in einem - wie die Revision meint - (klein-)städtischen Bereich liegen. Das Oberverwaltungsgericht konnte vielmehr nach seiner materiellrechtlichen Sichtweise, daß nämlich auch dörfliche Wohnbebauung zum räumlichen Anwendungsbereich des § 64 LwAnpG gehört, davon ausgehen, daß im vorliegenden Fall kein weiterer Aufklärungsbedarf bestand.
3. Die Revision rügt, das Oberverwaltungsgericht habe das "Subsidiaritätsprinzip" verletzt. Wenn - wie im vorliegenden Fall - von vornherein keine Tauschgrundstücke seitens beteiligter Eigentümer oder Dritter zur Verfügung stünden, könne keine Rede davon sein, daß im Sinne von § 54 Abs. 1 LwAnpG ein freiwilliger Landtausch "angestrebt" worden sei. Ebensowenig könne nach § 56 Abs. 1 LwAnpG die Schlußfolgerung gezogen werden, daß ein freiwilliger Landtausch "nicht zustande" gekommen sei. Diesen Überlegungen der Revision, die im Ergebnis darauf hinauslaufen, daß beim Fehlen von Tauschflächen ein unüberwindliches Verfahrenshindernis besteht, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
Der freiwillige Landtausch ist ein dem Flurbereinigungsrecht entlehntes Instrumentarium des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (vgl. § 55 Abs. 3 LwAnpG). Nach § 103 i FlurbG mündet der freiwillige Landtausch im Falle seines Scheiterns fakultativ in ein Flurbereinigungsverfahren. Im Unterschied dazu schreibt § 56 Abs. 1 LwAnpG die nachfolgende Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens z w i n g e n d vor, wenn eine Einigung der beteiligten Eigentümer nicht zustande kommt. Auch der - von der Revision zusätzlich angeführten - Vorschrift des § 54 Abs. 1 LwAnpG, wonach als Verfahren zur Regelung der neuen Eigentumsverhältnisse ein freiwilliger Landtausch "anzustreben" ist, kann deswegen nichts dafür entnommen werden, daß der Gesetzgeber eine hoheitliche Lenkung und Entscheidung als verzichtbar betrachtet hat, wenn der freiwillige Landtausch daran scheitert, daß dem weichenden Grundeigentümer Tauschflächen (zumindest zunächst) nicht angeboten werden können. Der Gesetzgeber ist vielmehr erkennbar davon ausgegangen, daß die angestrebte Eigentumsneuordnung nicht allein durch eine vermittelnde Tätigkeit der Flurneuordnungsbehörde (vgl. § 103 b Abs. 1 Satz 1 FlurbG) erreicht werden kann. Für die Neuordnung der Eigentumsverhältnisse sollte aus diesem Grunde letztlich immer das in den § 56 ff. LwAnpG geregelte Bodenordnungsverfahren zur Verfügung stehen, wenn ein freiwilliger Landtausch nicht zustande gekommen ist; die Gründe seines Scheiterns sind dabei unerheblich. Die gegenteilige Auffassung der Revision ist im übrigen schon deswegen nicht tragfähig, weil sie zur Folge hätte, daß der den Gebäudeeigentümern von § 64 Satz 1 LwAnpG gewährte Anspruch auf Durchführung des Bodenordnungsverfahrens in den sog. Häuslebauer-Fällen regelmäßig leerlaufen würde, obwohl der Gesetzgeber gerade hier eine Problemlösung erzielen wollte (oben 2.).
Der Revision ist nicht darin zu folgen, daß der freiwillige Landtausch zumindest bis zur Ermittlung von "Tauschgrundstücken" gediehen sein muß und nur an der fehlenden Einigung der potentiellen "Tauschpartner" (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG) gescheitert sein darf. Denn auch ein Versuch der Flurneuordnungsbehörde, ohne vorherige Ermittlung von Austauschflächen eine freiwillige Einigung zwischen den beteiligten Eigentümern zu erzielen, reicht aus, um dem "Subsidiaritätsprinzip" zu genügen. § 52 Abs. 1 FlurbG bestimmt, daß ein beteiligter Eigentümer mit seiner Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefunden werden darf. Diese Regelung ist nach § 103 b Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 55 Abs. 3 LwAnpG im freiwilligen Landtausch nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz entsprechend anwendbar. Die Empfehlungen zur Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum nach § 64 LwAnpG vom 30. Oktober 1992 - GMBl S. 1095 - vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BML) verlautbaren somit zutreffend, daß im freiwilligen Landtausch "geldliche Leistungen zugunsten des weichenden Eigentümers" vereinbart werden können (Nr. 1.3.1.1 a.a.O.). Folge davon ist, daß auch ein Vermittlungsversuch, der - wie im vorliegenden Fall geschehen - auf die freiwillige Vereinbarung einer Geldabfindung abzielt, die in den § 54 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 LwAnpG geregelten Voraussetzungen für die Einleitung des Bodenordnungsverfahrens erfüllt. Das gilt zumindest dann, wenn - wie hier - die Gebäudeeigentümer, die den Antrag nach § 64 Satz 1 LwAnpG gestellt haben, kein Tauschland in das Verfahren einbringen können und auch eine Anfrage bei der Standortgemeinde in dieser Beziehung ergebnislos bleibt. Wie noch zu zeigen sein wird (unten 5.), sind weitergehende Ermittlungen der Flurneuordnungsbehörde im Rahmen des freiwilligen Landtausches aus Rechtsgründen nicht zu fordern.
4. Die Revision meint ferner, das Oberverwaltungsgericht hätte die Einbeziehung der Flurstücke 247/15 und 247/17 in das Bodenordnungsverfahren als Verstoß gegen § 64 LwAnpG und als einen von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckten Eingriff in Grundeigentum bewerten müssen. Auch dem folgt der erkennende Senat nicht.
Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß für die Abgrenzung des Verfahrensgebiets, die im Anordnungsbeschluß stattzufinden hat, nach § 63 Abs. 2 LwAnpG die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG entsprechend anzuwenden ist. Das Verfahrensgebiet ist deswegen so zu begrenzen, daß der Zweck des Bodenordnungsverfahrens möglichst vollkommen erreicht wird.
Dieser Zweck ergibt sich nicht nur - wie das Oberverwaltungsgericht vielleicht mißverständlich ausgeführt hat - aus § 64 Satz 1 LwAnpG und dem darin enthaltenen Auftrag der Flurneuordnungsbehörden, BGB-konforme Rechtsverhältnisse herbeizuführen. Denn dann könnte man sich in der Tat mit der Revision fragen, warum es zulässig sein soll, Flächen in das Verfahrensgebiet einzubeziehen, bei denen die Voraussetzungen der genannten Vorschrift nicht vorliegen. In Wirklichkeit ist die Reichweite des gesetzlichen Neuordnungsauftrags nicht allein § 64 Satz 1 LwAnpG, sondern zusätzlich § 53 Abs. 1 LwAnpG zu entnehmen. Dort heißt es, daß die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken "unter Beachtung der Interessen der Beteiligten neu zu ordnen sind".
Welche Interessen damit angesprochen sind, wenn Gebäudeeigentümer die Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum beantragt haben, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Klärung. Denn es ist jedenfalls nicht zweifelhaft, daß das Interesse der Gebäudeeigentümer an einer straßenmäßigen Erschließung ihrer Eigenheime von dem Gestaltungsauftrag des § 64 Satz 1 LwAnpG erfaßt wird. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, wurde diesem Belang bei der Zuweisung von Nutzungsrechten an Bodenflächen für die Errichtung von Eigenheimen seitens der DDR-Organe keine sonderliche Beachtung geschenkt - mit der Folge, daß Eigenheime auf in der freien Flur gelegenen Parzellen errichtet werden konnten. Auch nach einer Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum in der Hand der Gebäudeeigentümer würde dieser Zustand, wenn er Bestand hätte, neu geschaffenen Grundbesitz teilweise entwerten. Mit Blick auf die Zielsetzung des § 3 LwAnpG, Investitionshemmnisse im ländlichen Bereich der früheren DDR zu beseitigen (oben 2.), wäre diese unerwünscht. Darüber hinaus wäre ein derartig unbefriedigendes Ergebnis der Bodenneuordnung wegen der erheblichen Kosten, die dieses Verfahren für die öffentliche Hand mit sich bringt (vgl. § 62 LwAnpG), nicht zu rechtfertigen; denn es kann nicht im öffentlichen Interesse liegen, hierfür Steuermittel aufzuwenden.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, daß die Festlegung des Verfahrensgebiets im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG eine Ermessensentscheidung der Flurneuordnungsbehörde erfordert, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 8. November 1989 - BVerwG 5 B 124.89 - Buchholz 424.01 § 7 FlurbG Nr. 2). Die diesbezügliche Aussage, die Flurstücke 247/15 und 247/17 seien nach Lage, Form, Größe und Beschaffenheit für den erforderlichen Anschluß der bebauten Flurstücke 247/3 und 247/5 an das öffentliche Straßennetz geeignet, so daß ihre spätere Heranziehung im Bodenordnungsplan nicht ausgeschlossen erscheine, wird durch die vom Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen gedeckt. Es ist aktenkundig, daß die Eigenheimbebauung auf den Flurstücken 247/3 und 247/5 auf die Dorfstraße ausgerichtet ist. Ob insoweit derzeit "baurechtswidrige Verhältnisse" bestehen, mag offenbleiben. Denn diese Aussage, die sich an anderer Stelle des angefochtenen Urteils findet, ist für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht tragend. Die hierzu von der Revision erhobene Aufklärungsrüge geht deswegen ins Leere.
5. Schließlich rügt die Revision ohne Erfolg, das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, daß der Anordnungsbeschluß rechtswidrig sei, weil das hiermit eingeleitete Bodenordnungsverfahren nicht auf die gemäß § 58 LwAnpG vorgesehene Landabfindung ausgerichtet sei.
Nach der genannten Vorschrift muß jeder Teilnehmer für die von ihm abzutretenden Grundstücke durch Land vom gleichen Wert abgefunden werden (Absatz 1 Satz 1); mit seiner Zustimmung kann er statt in Land überwiegend oder vollständig in Geld abgefunden werden (Absatz 2). Die Frage, ob aus dieser Regelung folgt, daß für eine erfolgreiche Abwicklung des Bodenordnungsverfahrens in jedem Fall Tauschflächen ermittelt werden müssen, wenn der weichende Grundeigentümer eine Geldabfindung ablehnt, hat das Oberverwaltungsgericht ohne Rechtsfehler offengelassen. Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, bedeutet dies nämlich nicht, daß diesbezügliche Ermittlungen bereits vor Einleitung des Bodenordnungsverfahrens mit Erfolg zum Abschluß gebracht sein müßten.
Den erkennenden Senat überzeugt insofern das Argument des Beklagten, daß Tauschland, das nicht von den Teilnehmern selbst in das Bodenordnungsverfahren eingebracht wird, regelmäßig erst nach Einleitung des Bodenordnungsverfahrens erfolgversprechend ermittelt werden kann. Denn erst in diesem Verfahrensstadium steht der Flurneuordnungsbehörde das rechtliche Instrumentarium des Wertermittlungsverfahrens zu Gebote (vgl. § 27 ff. FlurbG i.V.m. § 63 Abs. 2 LwAnpG).
Ohne eine verbindliche Aussage über den Wert der Einlage ist die Suche nach wertgleichem Tauschland aber kaum möglich. Die Forderung, das Tauschland müsse von vornherein in die Gebietsfestsetzung des Anordnungsbeschlusses einbezogen werden, würde deswegen zu unüberwindbaren praktischen Schwierigkeiten führen, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sein können. Denn im vorangehenden Verfahren des freiwilligen Landtausches ist die Anwendung der Vorschriften über die Wertermittlung ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. § 103 b Abs. 2 FlurbG i.V.m. § 55 Abs. 3 LwAnpG).
Ebenso wie das Oberverwaltungsgericht läßt der erkennende Senat die Frage offen, ob sich eine rechtliche Schranke für die Anordnungsbefugnis der Flurneuordnungsbehörde dann ergibt, wenn von vornherein erkennbar ist, daß eine Landabfindung nicht zur Verfügung steht und deswegen das Bodenordnungsverfahren notwendig auf eine zwangsweise Geldabfindung hinausläuft. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts liegt dieser Fall hier nicht vor, weil im Zeitpunkt der Einleitung des Bodenordnungsverfahrens die von der Flurneuordnungsbehörde in dieser Richtung beabsichtigten Ermittlungen noch ausstanden.