Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 30.04.1997 - BVerwG 11 B 86.96 = RdL 1997 S. 217= AgrarR 1998 S. 227
Aktenzeichen | BVerwG 11 B 86.96 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 30.04.1997 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1997 S. 217 = AgrarR 1998 S. 227 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Für die Befugnis der Rechtsnachfolgerin einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG), als Inhaberin selbständigen Gebäudeeigentums nach Art. 233 § 2b Abs. 1 EGBGB die Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 56 Abs. 1, § 64 LwAnpG zu beantragen, kommt es nicht darauf an, ob LPG-Mitglieder ihre Flächen freiwillig oder unfreiwillig in die LPG eingebracht hatten. |
Aus den Gründen
Die mit der Beschwerde sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob für die Antragsbefugnis des Gebäudeeigentümers zur Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens nach § 56 Abs. 1, § 64 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 3. Juli 1991 (BGBl I S. 1418), geändert durch das Gesetz zur Änderung sachenrechtlicher Bestimmungen (Sachenrechtsänderungsgesetz - SachenRÄndG) vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2457), zu berücksichtigen ist, ob LPG-Mitglieder ihre Flächen freiwillig oder unfreiwillig in die LPG eingebracht hatten, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie sich in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten, und zwar verneinen läßt. Daß die Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebe im Gebiet der früheren DDR bis Anfang der sechziger Jahre durch Ausübung staatlich organisierten Drucks durchweg gezwungen wurden, ihr betriebliches Vermögen in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften einzubringen, ist allgemein bekannt und war auch dem Bundesgesetzgeber bewußt, als er das noch von der Volkskammer der DDR im Jahre 1990 verabschiedete Landwirtschaftsanpassungsgesetz nach der Wiedervereinigung Deutschlands aufrechterhielt (vgl. BTDrucks 12/161, S. 8 f.; 12/404, S. 14). Gleichwohl hat er davon abgesehen, in dieses Gesetz Vorschriften über allgemeine Entschädigungsregelungen für Enteignungsmaßnahmen oder vergleichbare andere Eingriffe im Rahmen der Kollektivierung der Landwirtschaft aufzunehmen (vgl. BTDrucks 12/404, S. 13 f.). Vielmehr hat er das Verfahren zur Feststellung und Neuordnung der Eigentumsverhältnisse mit dem Ziel einer möglichst einfachen und schnellen Regelung unter Beachtung der Interessen aller Beteiligten beibehalten (vgl. BTDrucks 12/161, S. 11) und nur für Waldflächen (§ 64a Satz 1 LwAnpG) und eingebrachte Gebäude (§ 64b LwAnpG) eine Rückführung des Bestandseigentums auf die Grundstückseigentümer vorgesehen. Darüber hinaus hat er in Art. 233 § 2b Abs. 1 EGBGB i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Vorschriften (2. Vermögensrechtsänderungsgesetz - 2. VermRÄndG) vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) das vom Grundstückseigentum unabhängige Gebäudeeigentum der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und ihrer Rechtsnachfolger an den von ihnen im Zeitpunkt der Wiedervereinigung genutzten, aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung errichteten, ihnen zur Nutzung sowie selbständige Bewirtschaftung und Verwaltung übertragenen Gebäuden ausdrücklich klargestellt.
Unter diesen Umständen bleibt kein Raum dafür, dieses Gebäudeeigentum mit dem Hinweis auf das gewaltsame Vorgehen der kommunistischen Machtorgane bei der Begründung des Nutzungsrechts nach § 8 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 3. Juni 1959 (GBl I S. 577) in Frage zu stellen. Vielmehr wäre es mit dem in § 3 LwAnpG genannten Zweck der gesetzlichen Regelung, der Entwicklung einer vielfältig strukturierten Landwirtschaft und der Schaffung von Voraussetzungen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger Landwirtschaftsbetriebe zu dienen, unvereinbar, die damaligen rechtsstaatswidrigen Praktiken einredeweise der Antragsbefugnis des Gebäudeeigentümers nach § 64 LwAnpG entgegenhalten zu lassen und damit die im Interesse aller Beteiligten und der Allgemeinheit erforderliche Neuordnung der Eigentumsverhältnisse an den betroffenen Grundstücken durch den Staat gerade zu blockieren. Die vom Kläger gerügte Verletzung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG durch diese Rechtslage liegt schon deshalb nicht vor, weil die Abfindung, die der Kläger nach Maßgabe des § 58 LwAnpG zu beanspruchen hat, noch nicht Gegenstand der das Verfahren erst einleitenden Anordnung ist.Anmerkung
Bestätigt das Urteil des Flurbereinigungsgerichts Magdeburg vom 13.08.1996 - 8 K 9/94 = RdL 1997 S. 217 ff.