FlurbG:§ 44 Abs. 1/102: Unterschied zwischen den Versionen

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bb) Die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets stellt eine Planungsentscheidung dar. Das hat zur Folge, dass die Flurbereinigungsbehörde bei der Wahrnehmung ihres Auftrags über eine durch das in § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG normierte rechtsstaatliche Abwägungsgebot gebundene planerische Gestaltungsfreiheit verfügt (vgl. Hegele, in: Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl. 1997, § 37 Rn. 2 und § 41 Rn. 8). Integrierender Bestandteil der Neugestaltung ist die Gestaltung der Landabfindung. Sie wird geprägt durch das Erfordernis, eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen der betroffenen Betriebe untereinander zu einem Ausgleich zu bringen und zwischen den dafür in Betracht kommenden Lösungen eine Auswahl zu treffen. Damit erweist sich auch die Landabfindung als ein mit Abwägungen verbundener Akt planerischer Gestaltung. Das rechtfertigt es, nicht nur § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, sondern auch § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG als Positivierung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots zu begreifen.  
bb) Die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets stellt eine Planungsentscheidung dar. Das hat zur Folge, dass die Flurbereinigungsbehörde bei der Wahrnehmung ihres Auftrags über eine durch das in § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG normierte rechtsstaatliche Abwägungsgebot gebundene planerische Gestaltungsfreiheit verfügt (vgl. Hegele, in: Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl. 1997, § 37 Rn. 2 und § 41 Rn. 8). Integrierender Bestandteil der Neugestaltung ist die Gestaltung der Landabfindung. Sie wird geprägt durch das Erfordernis, eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen der betroffenen Betriebe untereinander zu einem Ausgleich zu bringen und zwischen den dafür in Betracht kommenden Lösungen eine Auswahl zu treffen. Damit erweist sich auch die Landabfindung als ein mit Abwägungen verbundener Akt planerischer Gestaltung. Das rechtfertigt es, nicht nur § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, sondern auch § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG als Positivierung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots zu begreifen.  
§ 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG schränkt die Anforderungen an die behördliche Abwägung allerdings ein. Der Gesetzgeber ist in den einzelnen Fachmaterien innerhalb der durch das Verfassungsrecht gezogenen Grenzen frei zu entscheiden, was er an Interessen für in beachtlicher Weise betroffen hält und deshalb bei der Entscheidung als abwägungserheblichen Belang beachtet wissen will (vgl. Beschluss vom 9. November 1979 - BVerwG 4 N 1.78 u.a. - BVerwGE 59, 87 <99>). Von dieser Möglichkeit hat er bei Erlass des § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG Gebrauch gemacht und die bei der Gestaltung der Abfindung zu berücksichtigenden Belange der Teilnehmer auf deren betriebswirtschaftliche Verhältnisse beschränkt. Persönliche Umstände oder individuelle Vorlieben des Betriebsinhabers zählen somit nicht zum Abwägungsmaterial (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1973 - BVerwG 5 C 37.72 - BVerwGE 44, 92 <95>; Beschluss vom 20. März 1974 - BVerwG 5 B 108.72 - Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 10 <= [[FlurbG:§ 37 Abs. 1/22{{!}}RzF - 22 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG]]>).   
§ 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG schränkt die Anforderungen an die behördliche Abwägung allerdings ein. Der Gesetzgeber ist in den einzelnen Fachmaterien innerhalb der durch das Verfassungsrecht gezogenen Grenzen frei zu entscheiden, was er an Interessen für in beachtlicher Weise betroffen hält und deshalb bei der Entscheidung als abwägungserheblichen Belang beachtet wissen will (vgl. Beschluss vom 9. November 1979 - BVerwG 4 N 1.78 u.a. - BVerwGE 59, 87 <99>). Von dieser Möglichkeit hat er bei Erlass des § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG Gebrauch gemacht und die bei der Gestaltung der Abfindung zu berücksichtigenden Belange der Teilnehmer auf deren betriebswirtschaftliche Verhältnisse beschränkt. Persönliche Umstände oder individuelle Vorlieben des Betriebsinhabers zählen somit nicht zum Abwägungsmaterial (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1973 - BVerwG 5 C 37.72 - BVerwGE 44, 92 <95>; Beschluss vom 20. März 1974 - BVerwG 5 B 108.72 - Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 10 <= [[FlurbG:§ 37 Abs. 1/22{{!}}RzF - 22 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG]]>).   


Soweit danach private Belange zu berücksichtigen sind, vermittelt das Abwägungsgebot dem jeweiligen Planbetroffenen ein subjektives öffentliches Recht auf gerechte Abwägung (vgl. Urteile vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 66 und vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <123>). Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, dies für die Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG, der nach den vorstehenden Ausführungen als spezifische Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots begriffen werden muss, ebenso zu sehen (so auch VGH München, Urteil vom 19. Juni 1986 a.a.O. <= [[FlurbG:§ 37 Abs. 1/45{{!}}RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG]]>; Storost, a.a.O. S. 282).  
Soweit danach private Belange zu berücksichtigen sind, vermittelt das Abwägungsgebot dem jeweiligen Planbetroffenen ein subjektives öffentliches Recht auf gerechte Abwägung (vgl. Urteile vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 66 und vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <123>). Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, dies für die Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG, der nach den vorstehenden Ausführungen als spezifische Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots begriffen werden muss, ebenso zu sehen (so auch VGH München, Urteil vom 19. Juni 1986 a.a.O. <= [[FlurbG:§ 37 Abs. 1/45{{!}}RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG]]>; Storost, a.a.O. S. 282).  
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Abwägungserheblich sind in einem Planwunsch des Teilnehmers Ausdruck findende Entwicklungsmöglichkeiten allerdings nur, wenn sie bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht; sie sind gehalten, im Wunschtermin auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, sofern diese nicht ohnehin für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erkennbar sind, und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten (Beschlüsse vom 19. Mai 1981 <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG > und 6. November 1987, jeweils a.a.O.). Nur derart "qualifizierte" Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial.  
Abwägungserheblich sind in einem Planwunsch des Teilnehmers Ausdruck findende Entwicklungsmöglichkeiten allerdings nur, wenn sie bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht; sie sind gehalten, im Wunschtermin auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, sofern diese nicht ohnehin für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erkennbar sind, und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten (Beschlüsse vom 19. Mai 1981 <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG > und 6. November 1987, jeweils a.a.O.). Nur derart "qualifizierte" Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial.  
Wesentlichster Anwendungsfall solcher Entwicklungstendenzen sind hinreichend konkretisierte und verfestigte Aussiedlungsvorhaben. Verfügte ein Teilnehmer schon vor der Flurbereinigung über geeignete Aussiedlungsflächen, so ist dies zwar schon in der Gleichwertigkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass ihm die Aussiedlungsmöglichkeit nicht durch die Gestaltung der Abfindung ohne seine Zustimmung entzogen werden darf (vgl. VGH München, Urteil vom 12. September 2005 - 13 A 04.890 - juris Rn. 23 <= [[FlurbG:§ 44 Abs. 1/101{{!}}RzF - 101 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG]]>). Eröffnet sich ihm die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht jedoch erst durch die Zuweisung geeigneter Flächen in der Flurbereinigung, so handelt es sich bei dem entsprechenden Gestaltungswunsch um einen Belang, dessen Berücksichtigung nur im Rahmen ergänzender Abwägungskontrolle geprüft werden kann. Den Erfordernissen hinreichender Konkretisierung und Verfestigung genügt eine Aussiedlungsabsicht nur, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Festlegung und Sicherstellung der Finanzierung klargestellt ist (Beschlüsse vom 6. November 1987 a.a.O. und vom 16. Mai 2000 - BVerwG  11 B 50.99 - juris Rn. 6, jeweils unter Hinweis auf das Urteil vom 28. Januar 1960 - BVerwG 1 C 51.58 - Buchholz 424.00 §§ 48 ff. RUO Nr. 14 S. 21<= [[FlurbG:§ 44 Abs. 1/6{{!}}RzF - 6 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG]]>). Mit Blick auf das angefochtene Urteil ist freilich anzumerken, dass die Anforderungen an die Konkretisierung der Aussiedlungsabsicht überspannt würden, wenn man stets die Festlegung auf einen bestimmten Standort forderte. Trägt die Angabe von Alternativstandorten allein der typischen, aus der Gestaltungsvielfalt der Flurbereinigung folgenden Ungewissheit Rechnung, an welcher Stelle der aussiedlungswillige Teilnehmer mit einer Landabfindung rechnen kann, so relativiert sie nicht die Konkretheit und Ernsthaftigkeit der Aussiedlungsabsicht; es geht bei einer solchen Sachlage vielmehr gerade darum, die Chancen auf die Zuteilung einer zur Aussiedlung geeigneten Abfindungsfläche zu erhöhen.  
Wesentlichster Anwendungsfall solcher Entwicklungstendenzen sind hinreichend konkretisierte und verfestigte Aussiedlungsvorhaben. Verfügte ein Teilnehmer schon vor der Flurbereinigung über geeignete Aussiedlungsflächen, so ist dies zwar schon in der Gleichwertigkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass ihm die Aussiedlungsmöglichkeit nicht durch die Gestaltung der Abfindung ohne seine Zustimmung entzogen werden darf (vgl. VGH München, Urteil vom 12. September 2005 - 13 A 04.890 - juris Rn. 23 <= [[FlurbG:§ 44 Abs. 1/101{{!}}RzF - 101 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG]]>). Eröffnet sich ihm die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht jedoch erst durch die Zuweisung geeigneter Flächen in der Flurbereinigung, so handelt es sich bei dem entsprechenden Gestaltungswunsch um einen Belang, dessen Berücksichtigung nur im Rahmen ergänzender Abwägungskontrolle geprüft werden kann. Den Erfordernissen hinreichender Konkretisierung und Verfestigung genügt eine Aussiedlungsabsicht nur, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Festlegung und Sicherstellung der Finanzierung klargestellt ist (Beschlüsse vom 6. November 1987 a.a.O. und vom 16. Mai 2000 - BVerwG  11 B 50.99 - juris Rn. 6, jeweils unter Hinweis auf das Urteil vom 28. Januar 1960 - BVerwG 1 C 51.58 - Buchholz 424.00 §§ 48 ff. RUO Nr. 14 S. 21<= [[FlurbG:§ 44 Abs. 1/6{{!}}RzF - 6 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG]]>). Mit Blick auf das angefochtene Urteil ist freilich anzumerken, dass die Anforderungen an die Konkretisierung der Aussiedlungsabsicht überspannt würden, wenn man stets die Festlegung auf einen bestimmten Standort forderte. Trägt die Angabe von Alternativstandorten allein der typischen, aus der Gestaltungsvielfalt der Flurbereinigung folgenden Ungewissheit Rechnung, an welcher Stelle der aussiedlungswillige Teilnehmer mit einer Landabfindung rechnen kann, so relativiert sie nicht die Konkretheit und Ernsthaftigkeit der Aussiedlungsabsicht; es geht bei einer solchen Sachlage vielmehr gerade darum, die Chancen auf die Zuteilung einer zur Aussiedlung geeigneten Abfindungsfläche zu erhöhen.  
ee) Soweit danach eine gerichtliche Abwägungskontrolle geboten ist, folgt diese den von der Rechtsprechung zum Bau- und Fachplanungsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 a.a.O. S. 309 und vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 63 f.). Dementsprechend ist zu prüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob die abwägungsbeachtlichen Belange des Beteiligten in sie eingestellt worden sind und ob weder ihre Bedeutung sowie diejenige der entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belange zu Lasten des Beteiligten verkannt noch der Ausgleich zwischen diesen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange des Beteiligten außer Verhältnis steht. Zu den Maßgaben für die Abwägungskontrolle gehören darüber hinaus die Grundsätze über die eingeschränkte Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern, die etwa in § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB und § 17 Abs. 6 c Satz 1 FStrG Niederschlag gefunden haben, aber Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Planerhaltung sind; ein Mangel im Abwägungsvorgang ist danach nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. dazu Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG  4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>).  
ee) Soweit danach eine gerichtliche Abwägungskontrolle geboten ist, folgt diese den von der Rechtsprechung zum Bau- und Fachplanungsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 a.a.O. S. 309 und vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 63 f.). Dementsprechend ist zu prüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob die abwägungsbeachtlichen Belange des Beteiligten in sie eingestellt worden sind und ob weder ihre Bedeutung sowie diejenige der entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belange zu Lasten des Beteiligten verkannt noch der Ausgleich zwischen diesen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange des Beteiligten außer Verhältnis steht. Zu den Maßgaben für die Abwägungskontrolle gehören darüber hinaus die Grundsätze über die eingeschränkte Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern, die etwa in § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB und § 17 Abs. 6 c Satz 1 FStrG Niederschlag gefunden haben, aber Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Planerhaltung sind; ein Mangel im Abwägungsvorgang ist danach nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. dazu Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG  4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>).  



Version vom 12. August 2021, 11:49 Uhr

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