FlurbG:§ 27/20: Unterschied zwischen den Versionen

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|text = Bei der Wertermittlung ist die Qualifizierung einer Anpflanzung als „Wald“, für die ein Abschlag vorzunehmen ist, abhängig vom Grad der Ertragsminderung.
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18{{Tab}}Eine Definition des Begriffs „Wald“ findet sich weder in den von der Beigeladenen zu 2) beschlossenen Grundsätzen der Wertermittlung noch im Flurbereinigungsgesetz. Ein Rückgriff auf andere gesetzliche Grundlagen, die sich ebenfalls mit „Wald“ befassen, verbietet sich deshalb, weil die Auslegung nicht losgelöst vom jeweiligen Gesetzeszweck erfolgen kann. Ausgehend von den Vorgaben des [[FlurbG#28|§ 28]] Abs. 1 FlurbG, den Nutzen der Grundstücke zugrundezulegen, den sie bei gemeinüblicher ordnungsmäßiger Bewirtschaftung jedem Besitzer gewähren können, muss sich die Auslegung des Begriffs „Wald“ vorliegend daran orientieren, inwieweit die Bepflanzung Auswirkungen auf den Ertrag hat. Die Bewertung soll den durchschnittlichen, langfristigen Nettoertrag erfassen (Schwantag in Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, RdNrn. 4, 12 zu § 28). Ausgangspunkt hierfür ist zunächst der Boden selbst mit seiner Qualität. Nicht entscheidend ist dagegen der Pflegezustand, denn diesen kann jeder Bearbeiter verbessern. Zu ertragsmindernden Faktoren gehört grundsätzlich eine Waldrandlage. Sie ist deshalb ungünstig, weil Laubbefall, Schatten- und Wurzeleinwirkung den Kulturpflanzen Licht und Nährstoffe entziehen (BVerwG vom 30.9.1960 Buchholz 424.01 [[FlurbG#44|§ 44]] FlurbG Nr. 4; BayVGH vom 25.1.1965 VGH n.F. 18, 8; vgl. auch BayVGH vom 21.7.1998 RdL 1999, 63). Die Beschattung hindert das Wachstum und die Reife der Feldfrüchte. Hierbei handelt es sich um einen Nachteil, der bei gemeinüblicher ordnungsmäßiger Nutzung des Grundstücks für jeden Besitzer eintritt und der demnach bei der Wertermittlung zu berücksichtigen ist. Die Qualifizierung als „Wald“ muss deshalb abhängig sein vom Grad der Ertragsminderung. Je nach Ausmaß der Ertragsminderung kann einer Bepflanzung die Qualität eines Walds zukommen mit der Folge, dass nach den hier geltenden Grundsätzen ein Abschlag vorzunehmen ist.
18{{Tab}}Eine Definition des Begriffs "Wald“ findet sich weder in den von der Beigeladenen zu 2) beschlossenen Grundsätzen der Wertermittlung noch im Flurbereinigungsgesetz. Ein Rückgriff auf andere gesetzliche Grundlagen, die sich ebenfalls mit "Wald“ befassen, verbietet sich deshalb, weil die Auslegung nicht losgelöst vom jeweiligen Gesetzeszweck erfolgen kann. Ausgehend von den Vorgaben des [[FlurbG#28|§ 28]] Abs. 1 FlurbG, den Nutzen der Grundstücke zugrundezulegen, den sie bei gemeinüblicher ordnungsmäßiger Bewirtschaftung jedem Besitzer gewähren können, muss sich die Auslegung des Begriffs "Wald“ vorliegend daran orientieren, inwieweit die Bepflanzung Auswirkungen auf den Ertrag hat. Die Bewertung soll den durchschnittlichen, langfristigen Nettoertrag erfassen (Schwantag in Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, RdNrn. 4, 12 zu § 28). Ausgangspunkt hierfür ist zunächst der Boden selbst mit seiner Qualität. Nicht entscheidend ist dagegen der Pflegezustand, denn diesen kann jeder Bearbeiter verbessern. Zu ertragsmindernden Faktoren gehört grundsätzlich eine Waldrandlage. Sie ist deshalb ungünstig, weil Laubbefall, Schatten- und Wurzeleinwirkung den Kulturpflanzen Licht und Nährstoffe entziehen (BVerwG vom 30.9.1960 Buchholz 424.01 [[FlurbG#44|§ 44]] FlurbG Nr. 4; BayVGH vom 25.1.1965 VGH n.F. 18, 8; vgl. auch BayVGH vom 21.7.1998 RdL 1999, 63). Die Beschattung hindert das Wachstum und die Reife der Feldfrüchte. Hierbei handelt es sich um einen Nachteil, der bei gemeinüblicher ordnungsmäßiger Nutzung des Grundstücks für jeden Besitzer eintritt und der demnach bei der Wertermittlung zu berücksichtigen ist. Die Qualifizierung als "Wald“ muss deshalb abhängig sein vom Grad der Ertragsminderung. Je nach Ausmaß der Ertragsminderung kann einer Bepflanzung die Qualität eines Walds zukommen mit der Folge, dass nach den hier geltenden Grundsätzen ein Abschlag vorzunehmen ist.




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21{{Tab}}Bei der Quantifizierung der Auswirkungen geht der Senat von Folgendem aus: Geboten ist eine generalisierende Betrachtungsweise, weil sich die Ertragsminderung nicht durch eine exakte Prozentualisierung bestimmen lässt. Sie ist vielmehr von verschiedenen Faktoren abhängig, wie etwa der konkret angebauten Pflanzensorte, der Regenmenge, der Sonnenscheindauer, der Temperatur und den Windverhältnissen. In Betracht kommt damit allein eine Abschätzung der Auswirkungen, indem auf mittlere Regelabläufe abgestellt wird. Hierbei dürfte davon auszugehen sein, dass die Wertminderung im unmittelbar an den Gehölzstreifen angrenzenden 2-Meter- Bereich 100% beträgt, von 2 bis 10 Metern ca. 35% und von 10 bis 17 Metern ca. 20%. Ab 17 Metern dürfte keine nennenswerte Beeinträchtigung mehr vorliegen. Im Durchschnitt ergibt sich daraus eine Ertragsminderung von ca. 30%. Wenn nach den von der Beigeladenen zu 2) beschlossenen Grundsätzen für Wald im Westen auf einem 20-Meter-Streifen ein Abschlag von 50% vorzunehmen ist, bedeutet dies in Übertragung auf den vorliegenden Fall, dass bei „echtem“ Wald eine Wertminderung von 50% angenommen wird. Dies wiederum führt dazu, dass eine einer Waldrandlage vergleichbare Situation nur dann vorliegen kann, wenn eine Ertragsminderung von mehr als der Hälfte derjenigen, die bei Wald gegeben ist (50%), eintritt, also bei mehr als 25%. Dies ist vorliegend der Fall, da im Durchschnitt eine Ertragsminderung von 30% gegeben ist.
21{{Tab}}Bei der Quantifizierung der Auswirkungen geht der Senat von Folgendem aus: Geboten ist eine generalisierende Betrachtungsweise, weil sich die Ertragsminderung nicht durch eine exakte Prozentualisierung bestimmen lässt. Sie ist vielmehr von verschiedenen Faktoren abhängig, wie etwa der konkret angebauten Pflanzensorte, der Regenmenge, der Sonnenscheindauer, der Temperatur und den Windverhältnissen. In Betracht kommt damit allein eine Abschätzung der Auswirkungen, indem auf mittlere Regelabläufe abgestellt wird. Hierbei dürfte davon auszugehen sein, dass die Wertminderung im unmittelbar an den Gehölzstreifen angrenzenden 2-Meter- Bereich 100% beträgt, von 2 bis 10 Metern ca. 35% und von 10 bis 17 Metern ca. 20%. Ab 17 Metern dürfte keine nennenswerte Beeinträchtigung mehr vorliegen. Im Durchschnitt ergibt sich daraus eine Ertragsminderung von ca. 30%. Wenn nach den von der Beigeladenen zu 2) beschlossenen Grundsätzen für Wald im Westen auf einem 20-Meter-Streifen ein Abschlag von 50% vorzunehmen ist, bedeutet dies in Übertragung auf den vorliegenden Fall, dass bei "echtem“ Wald eine Wertminderung von 50% angenommen wird. Dies wiederum führt dazu, dass eine einer Waldrandlage vergleichbare Situation nur dann vorliegen kann, wenn eine Ertragsminderung von mehr als der Hälfte derjenigen, die bei Wald gegeben ist (50%), eintritt, also bei mehr als 25%. Dies ist vorliegend der Fall, da im Durchschnitt eine Ertragsminderung von 30% gegeben ist.




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26{{Tab}}Diese Vorgaben für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wertermittlung wurden bei der Einwertung der Einlageflurstücke des klägerischen Besitzstands im Bereich des Abfindungsflurstücks 585 nicht vollkommen beachtet, da nach Aktenlage vor der Einwertung im März/April 2004 die allgemeinen Grundsätze zur Durchführung der Wertermittlung, insbesondere die Zu- und Abschläge zum Bodenwert, noch nicht beschlossen waren. Allerdings ist die vorliegende Situation mit den soeben beschriebenen Fällen vergleichbar, in denen eine Abweichung vom grundsätzlich gebotenen Verfahrensablauf möglich ist. Zwar fanden die Aufstellung der Mustergründe und die Einwertung bereits im März/April 2004 statt, als die Grundsätze der Wertermittlung noch nicht durch den Vorstand gebilligt waren. Dies ist jedoch hier deshalb unschädlich, weil ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist und bei der Einwertung ein objektiver Bewertungsmaßstab vorlag. Die Teilnehmergemeinschaft hat sich nämlich an den bereits vorhandenen, nur noch nicht förmlich beschlossenen Grundsätzen orientiert. In der Niederschrift zur Vorstandssitzung vom 13. Mai 2004 betreffend den Beschluss über die Grundsätze der Wertermittlung ist dargelegt, dass zur Aufstellung eines Wertermittlungsrahmens zunächst Mustergründe eingewertet worden seien. Besonderheiten, wie etwa Waldrandlage, seien durch Zu- und Abschläge erfasst worden. Die Ergebnisse einschließlich der Zu- und Abschläge seien in blauer Farbe in der Wertermittlungskarte eingetragen. Damit erfolgte die Einwertung unter der Prämisse, dass für eine Waldrandlage ein Abschlag vorzunehmen ist, in der Höhe abhängig von der Lage des Walds zu den zu bewertenden Grundstücken. Dies zeigt sich daran, dass die Wertermittlungskarte an anderen Stellen durchaus Abschläge für Waldrandlage enthält. Im Falle des klägerischen Einlageflurstücks 585 war sich die Teilnehmergemeinschaft der Erforderlichkeit eines Abschlags für eine Waldrandlage bewusst. Sie qualifizierte lediglich die streitgegenständliche Bepflanzung nicht als „Wald“. Damit ist unschädlich, dass die Grundsätze für die Wertermittlung förmlich erst danach beschlossen wurden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der vorgeschriebene Regelablauf nur wegen eines sehr kurzen zeitlichen Auseinanderfallens nicht eingehalten wurde. In einem solchen Fall entspricht die angewandte Methode rechtsstaatlichen Anforderungen. Da sich die Beigeladene zu 2) bei der Einwertung offensichtlich von den bereits ausgearbeiteten Grundsätzen zur Wertermittlung leiten ließ, ist es nicht geboten, den durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Anspruch auf wertgleiche Abfindung nur deshalb als nicht verwirklicht anzusehen, weil der Beschluss erst in der unmittelbar danach stattfindenden Vorstandssitzung gefasst worden ist. Die Wertermittlung genügt damit dem Gleichheitsprinzip und der in Art. 14 Abs. 1 GG verankerten Eigentumsgarantie.
26{{Tab}}Diese Vorgaben für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wertermittlung wurden bei der Einwertung der Einlageflurstücke des klägerischen Besitzstands im Bereich des Abfindungsflurstücks 585 nicht vollkommen beachtet, da nach Aktenlage vor der Einwertung im März/April 2004 die allgemeinen Grundsätze zur Durchführung der Wertermittlung, insbesondere die Zu- und Abschläge zum Bodenwert, noch nicht beschlossen waren. Allerdings ist die vorliegende Situation mit den soeben beschriebenen Fällen vergleichbar, in denen eine Abweichung vom grundsätzlich gebotenen Verfahrensablauf möglich ist. Zwar fanden die Aufstellung der Mustergründe und die Einwertung bereits im März/April 2004 statt, als die Grundsätze der Wertermittlung noch nicht durch den Vorstand gebilligt waren. Dies ist jedoch hier deshalb unschädlich, weil ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist und bei der Einwertung ein objektiver Bewertungsmaßstab vorlag. Die Teilnehmergemeinschaft hat sich nämlich an den bereits vorhandenen, nur noch nicht förmlich beschlossenen Grundsätzen orientiert. In der Niederschrift zur Vorstandssitzung vom 13. Mai 2004 betreffend den Beschluss über die Grundsätze der Wertermittlung ist dargelegt, dass zur Aufstellung eines Wertermittlungsrahmens zunächst Mustergründe eingewertet worden seien. Besonderheiten, wie etwa Waldrandlage, seien durch Zu- und Abschläge erfasst worden. Die Ergebnisse einschließlich der Zu- und Abschläge seien in blauer Farbe in der Wertermittlungskarte eingetragen. Damit erfolgte die Einwertung unter der Prämisse, dass für eine Waldrandlage ein Abschlag vorzunehmen ist, in der Höhe abhängig von der Lage des Walds zu den zu bewertenden Grundstücken. Dies zeigt sich daran, dass die Wertermittlungskarte an anderen Stellen durchaus Abschläge für Waldrandlage enthält. Im Falle des klägerischen Einlageflurstücks 585 war sich die Teilnehmergemeinschaft der Erforderlichkeit eines Abschlags für eine Waldrandlage bewusst. Sie qualifizierte lediglich die streitgegenständliche Bepflanzung nicht als "Wald“. Damit ist unschädlich, dass die Grundsätze für die Wertermittlung förmlich erst danach beschlossen wurden. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der vorgeschriebene Regelablauf nur wegen eines sehr kurzen zeitlichen Auseinanderfallens nicht eingehalten wurde. In einem solchen Fall entspricht die angewandte Methode rechtsstaatlichen Anforderungen. Da sich die Beigeladene zu 2) bei der Einwertung offensichtlich von den bereits ausgearbeiteten Grundsätzen zur Wertermittlung leiten ließ, ist es nicht geboten, den durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Anspruch auf wertgleiche Abfindung nur deshalb als nicht verwirklicht anzusehen, weil der Beschluss erst in der unmittelbar danach stattfindenden Vorstandssitzung gefasst worden ist. Die Wertermittlung genügt damit dem Gleichheitsprinzip und der in Art. 14 Abs. 1 GG verankerten Eigentumsgarantie.
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Version vom 10. August 2021, 17:13 Uhr

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