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11<br />Trotz fehlender Zulassung (§ 132 Abs. 1 VwGO) war der Beklagte jedoch nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung nicht gehindert, Revision einzulegen. Dieses prozessrechtliche Prinzip betrifft vor allem die Fälle | 11<br />Trotz fehlender Zulassung (§ 132 Abs. 1 VwGO) war der Beklagte jedoch nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung nicht gehindert, Revision einzulegen. Dieses prozessrechtliche Prinzip betrifft vor allem die Fälle "inkorrekter Entscheidungen (vgl. Urteil vom 9. April 1964 – BVerwG 8 C 375.63 – BVerwGE 18, 193 <195> m. w. N.). Hat das Gericht eine der Form nach unstrittige Entscheidung getroffen, so steht den Beteiligten ein Wahlrecht zu, ob sie das eigentlich zulässige oder das der ergangenen Entscheidung entsprechende Rechtsmittel einlegen. Darüber hinaus kommt das Meistbegünstigungsprinzip aber auch zur Anwendung, wenn sonstige Fehler oder Unklarheiten der anzufechtenden Entscheidung für den Rechtsmittelführer zu einer Unsicherheit über das einzulegende Rechtsmittel führen können (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 – VIII ZB 27/02 – BGHZ 152, 213 <216>). Solche Unsicherheiten konnte sich hier aus dem Widerspruch zwischen der im Protokoll einerseits und in dem nachgehefteten Schriftstück sowie im schriftlich abgefassten Urteil andererseits enthaltenen Urteilsformel ergeben. Dies gilt umso mehr, als das schriftlich abgefasste Urteil begründete, warum die Revision zuzulassen sei und eine Rechtsmittelbelehrung enthielt, die auf eine bereits erfolgte Revisionszulassung zugeschnitten war. | ||
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19<br />b) Mit Bundesrecht vereinbar ist auch die Auffassung des Flurbereinigungsgerichts, der Flurbereinigungsbeschluss werde dem danach geltenden Erfordernis vorrangiger Privatnützigkeit nicht gerecht, weil das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren | 19<br />b) Mit Bundesrecht vereinbar ist auch die Auffassung des Flurbereinigungsgerichts, der Flurbereinigungsbeschluss werde dem danach geltenden Erfordernis vorrangiger Privatnützigkeit nicht gerecht, weil das vereinfachte Flurbereinigungsverfahren "Asbach in erster Linie fremdnützigen Zwecken diene, hinter deren private Zwecke erkennbar zurücktreten sollten. | ||
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21<br />aa) Das Flurbereinigungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Zwecke, denen die Flurbereinigung im Zusammenhang mit der Umsetzung des Konzepts | 21<br />aa) Das Flurbereinigungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Zwecke, denen die Flurbereinigung im Zusammenhang mit der Umsetzung des Konzepts "Grünes Band dienen soll, primär fremdnützig sind. Allerdings kann auch ein Verfahren, das Maßnahmen der Landschaftspflege ermöglichen soll ([[FlurbG#86|§ 86]] Abs. 1 Nr. 1 FlurbG), dem Privatnützigkeitserfordernis entsprechen. Dies ist etwa dann zu bejahen, wenn es insoweit vorrangig darum geht, bestehende Konflikte zwischen sich wechselseitig störenden Nutzungen aufzulösen oder eine konfliktfreie Neuordnung der Grundstücksnutzung zu schaffen ([[FlurbG#86|§ 86]] Abs. 1 Nr. 3 FlurbG; vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 5. März 1998 – 15 K 2819/96 – NuR 2001, 56 <57 f.>). Dagegen ist es mit dem Privatnützigkeitserfordernis nicht vereinbar, eine vereinfachte Flurbereinigung anzuordnen, um in erster Linie Land für ein im Interesse der Allgemeinheit liegendes Vorhaben zu beschaffen. Dieses Anliegen ist vielmehr Ziel der fremdnützigen Unternehmensflurbereinigung (Beschluss vom 18. Juni 1998 – BVerwG 11 B 28.98 – Buchholz 424.01 [[FlurbG#86|§ 86]] FlurbG Nr. 2 S. 2 m. w. N. <= [[FlurbG:§ 86 Abs. 1/14|RzF - 14 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG]]>). Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daraus, dass der Eigentümer, dem Land entzogen werden soll, im Zuge der Flurneuordnung an anderer Stelle eine wertgleiche Landabfindung erhält. Eigentumsrechtlich geschützt ist die konkrete Rechtsposition. Ihr Entzug für ein im öffentlichen Interesse stehendes Vorhaben hat enteignenden Charakter unabhängig davon, ob der Eingriff durch eine gleichwertige Landabfindung oder nur durch Geldentschädigung kompensiert wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987 – 1 BvR 1046/85 – BVerfGE 74, 264 <280> <= [[FlurbG:§ 68 Abs. 1 Satz 1/50|RzF - 50 - zu § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG]]>). | ||
22<br />Das Flurbereinigungsgericht hat überzeugend begründet, dass für die Flurbereinigungsbehörden das Ziel der Landbeschaffung im Vordergrund stand. Nach den im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Angaben des Beklagten befand sich ca. die Hälfte der Flächen des Kolonnenweges im Eigentum Privater, die bzw. deren Rechtsvorgänger die in ehemals in Volkseigentum überführten Grundstücke nach § 2 des Mauergrundstücksgesetzes vom 15. Juli 1996 – MauerG – (BGBl I S. 980) zurückerworben hatten, ohne dass der Bund von seinem Recht Gebrauch gemacht hätte, die Erwerbsanträge nach § 3 MauerG wegen öffentlicher Interessen abzulehnen. Wie das Flurbereinigungsgericht im Einzelnen ausgeführt hat, kommt sowohl im Flurbereinigungsbeschluss als auch im Widerspruchsbescheid der Wille zum Ausdruck, die privaten Wegeflächen zur Absicherung des Kolonnenweges als Bestandteil des | 22<br />Das Flurbereinigungsgericht hat überzeugend begründet, dass für die Flurbereinigungsbehörden das Ziel der Landbeschaffung im Vordergrund stand. Nach den im angefochtenen Urteil zugrunde gelegten Angaben des Beklagten befand sich ca. die Hälfte der Flächen des Kolonnenweges im Eigentum Privater, die bzw. deren Rechtsvorgänger die in ehemals in Volkseigentum überführten Grundstücke nach § 2 des Mauergrundstücksgesetzes vom 15. Juli 1996 – MauerG – (BGBl I S. 980) zurückerworben hatten, ohne dass der Bund von seinem Recht Gebrauch gemacht hätte, die Erwerbsanträge nach § 3 MauerG wegen öffentlicher Interessen abzulehnen. Wie das Flurbereinigungsgericht im Einzelnen ausgeführt hat, kommt sowohl im Flurbereinigungsbeschluss als auch im Widerspruchsbescheid der Wille zum Ausdruck, die privaten Wegeflächen zur Absicherung des Kolonnenweges als Bestandteil des "Grünen Bandes in Eigentum der öffentlichen Hand zu überführen. Hierzu heißt es im Flurbereinigungsbeschluss, "die Interessen der Gemeinde zur Erhaltung des Grünen Bandes sowie des Kolonnenweges als öffentlicher Weg stünden "wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer gegenüber. Die geplanten bodenordnerischen Maßnahmen sollen diese durch die weitgehende Privatisierung nach dem Mauergrundstücksgesetz verschärfte Situation beheben. Im gleichen Sinne wird der geltend gemachte bodenordnerische Handlungsbedarf im Widerspruchsbescheid auf das unvollständige Bodeneigentum "der Nutzer namentlich des Kolonnenweges gestützt, der "in das Eigentum der Gemeinde übergehen solle. Dass in diesem Bescheid als Nutzungszweck des Kolonnenweges nur die Erschließung landwirtschaftlicher Flächen genannt worden ist, bedeutet nicht, dass im Flurbereinigungsbeschluss betonte Anliegen der Einbindung des Weges in das Konzept "Grünes Band sei aufgegeben worden. Auch im Klageverfahren hat der Beklagte die "Zielsetzung des Landerwerbs für das "Grüne Band nicht fallen gelassen, sondern – wie im angefochtenen Urteil ausgeführt noch bekräftigt. | ||
23<br />Soweit der Beklagte sich im Zusammenhang mit der angestrebten Einbringung des Weges in das | 23<br />Soweit der Beklagte sich im Zusammenhang mit der angestrebten Einbringung des Weges in das "Grüne Band neben dem Zweck der Landbeschaffung auf den weiteren Zweck, Nutzungskonflikte zu lösen, berufen hat, vermag dies eine – zumal vorrangige – Privatnützigkeit des Verfahrens nicht zu begründen. Ein Nutzungskonflikt der Bedarf für eine Bodenordnung schaffen könnte, besteht namentlich nicht unter dem Aspekt von Nutzungsrechten an dem Kolonnenweg, die in Widerspruch zu den Nutzungsinteressen der Grundstückseigentümer und deren Interessen, nicht als Zustandsstörer in Anspruch genommen werden, treten könnten. Beachtliche Rechtspositionen Dritter, die Grundlage derartiger Nutzungskonflikte sein könnten, bestehen nämlich nicht. Das Flurbereinigungsgericht hat entschieden, dass es sich bei dem Kolonnenweg nicht um einen öffentlichen Weg im Sinne des Thüringer Straßengesetzes handelt. Diese Beurteilung beruht auf der Anwendung von Landesrecht und ist daher für den Senat nach § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO bindend. Infolge dessen fehlt es an einem öffentlichen Benutzungsrecht, wonach der Gebrauch öffentlicher Straßen jedermann im Rahmen der Widmung offen steht. Ohne ein solches Recht ist es dem Grundstückseigentümer nach § 903 Satz 1 BGB unbenommen, einen tatsächlich vorhandenen und vom Verkehr genutzten Weg zu sperren und so zugleich einer Zustandsstörerhaftung gegenüber Verkehrsteilnehmern ledig zu werden. | ||
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30<br />ee) Das Flurbereinigungsgericht hat Zweifel gezogen, ob die Beseitigung sonstiger Besitzzersplitterungen oder die Regelung der Eigentumsverhältnisse an den Gewässern | 30<br />ee) Das Flurbereinigungsgericht hat Zweifel gezogen, ob die Beseitigung sonstiger Besitzzersplitterungen oder die Regelung der Eigentumsverhältnisse an den Gewässern "Hainsbach " und "Glaseborn sowie am Sportplatz der Gemeinde privatnützige Zwecke sind, die die Anordnung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens prinzipiell rechtfertigen können. Letztlich hat es diese Frage aber offen gelassen und seine Entscheidung auf die Erwägung gestützt, die genannten Zwecke hätten nicht im Zentrum der Überlegung des Beklagten gestanden und vermöchten deshalb zumindest keine überwiegende Privatnützigkeit des Verfahrens zu begründen. Diese tragend gewordene Begründung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Rügen, die die vorinstanzliche Würdigung in Frage stellen würden, hat die Revision nicht erhoben. | ||
Version vom 10. August 2021, 17:13 Uhr
Vorlage:RzF Vorlage:RzF/Leitsatz Vorlage:RzF/Leitsatz Vorlage:RzF/Leitsatz Vorlage:RzF/Leitsatz Vorlage:RzF/Leitsatz Vorlage:RzF/Grund Vorlage:RzF/Anmerkung