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von Anonymer Benutzer

FlurbG:§ 36 Abs. 1/59: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 2. August 2021, 12:54 Uhr


Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 11.04.1996 - 7 S 3096/95 = RdL 1996 S. 261

Aktenzeichen 7 S 3096/95 Entscheidung Urteil Datum 11.04.1996
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen RdL 1996 S. 261  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Bei Entschädigungen nach § 36 FlurbG ist die "Härte" nicht auf das Einzelflurstück zu beziehen, sondern auf das Verhältnis von Nachteilen zu Vorteilen bei Gesamteinlage und Gesamtabfindung.
2. Verdolungen (Verrohrungen) von Wasserläufen beeinträchtigen grundsätzlich das Wohl der Allgemeinheit.

Aus den Gründen

Das Argument der Bewirtschaftungserschwernis wäre im vorliegenden Verfahren im übrigen auch nur dann erheblich, wenn es sich um eine unverhältnismäßige Belastung gerade des Klägers handelte. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich. Nach der Bestimmung des § 47 Abs. 1 Satz 1 FlurbG haben den zu gemeinschaftlichen Anlagen - wie hier - erforderlichen Grund und Boden alle Teilnehmer nach dem Verhältnis des Wertes ihrer alten Grundstücke zu dem Wert aller Grundstücke des Flurbereinigungsgebiets aufzubringen. Letztlich sind insoweit also alle Teilnehmer gleich belastet. Nur im Zeitraum zwischen einer vorläufigen Anordnung und ggf. einer vorläufigen Besitzeinweisung nach § 65 FlurbG kann es zu unterschiedlichen Belastungen der Teilnehmer kommen. Diese sind aber immer nur vorübergehender Natur und können bei Vorliegen von Härten auf Kosten der Teilnehmergemeinschaft angemessen entschädigt werden (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 und 3 FlurbG). Solche Härteentschädigungen sind aber nicht auf das Einzelflurstück, sondern auf das Verhältnis von Nachteilen zu Vorteilen bei Gesamteinlage und Gesamtabfindung zu beziehen. Dies ergibt sich daraus, daß es sich bei dem Ausgleichsanspruch nach § 36 Abs. 1 Satz 2 FlurbG um einen Sonderfall des Ausgleichs nach § 51 Abs. 1 FlurbG handelt, welcher einen vorübergehenden Unterschied zwischen dem Wert der - also aller - alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung zum tatbestandlichen Anknüpfungspunkt bestimmt (vgl. dazu auch Seehusen/Schwede, a.a.O., § 36 RdNr. 22). Daß der Kläger bei einer solchen Gesamtbetrachtung stärker belastet würde als andere Teilnehmer, ist von ihm selbst nicht substantiiert vorgetragen worden. Der Kläger kann somit aus dem Fehlen einer Härteentschädigung nach § 36 Abs. 1 Satz 2 FlurbG schon mangels Vorliegens der materiell-rechtlichen Voraussetzungen nicht die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Anordnung herleiten. Im übrigen stellt ein etwaiges (vorübergehendes) Sonderopfer eines Teilnehmers nicht die Rechtmäßigkeit einer unter allen sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten rechtlich unbedenklichen vorläufigen Anordnung in Frage, sondern ist eigenständig mit einem Entschädigungsantrag und im Streitfalle nach Durchführung eines entsprechenden Widerspruchsverfahrens mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen.

Soweit der Kläger gegen den Grabenausbau einwendet, dieser sei wegen der vorhanden gewesenen Verdolung unnötig und erschwere lediglich die Bewirtschaftung, hat der Beklagte zutreffend auf die ökologische und landschaftspflegerische Bedeutung offener Wasserläufe und deren insoweit ungleich höheren Wert gegenüber Verdolungen hingewiesen. In der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs ist überdies geklärt, daß Verdolungen grundsätzlich das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigen. So entspricht es gesicherter Erkenntnis, daß Verdolungen die Wechselwirkung zwischen Wasser, Boden und der Tier- und Pflanzenwelt unterbinden, das Gewässer gegen positive Umwelteinflüsse wie Belichtung und Belüftung isolieren und die Selbstreinigungskraft des Wassers verringern. Hinzu kommt, daß Verdolungen den Wert eines Gewässers als Bestandteil des Landschaftsbildes beschneiden und deshalb auch aus Gründen der Landschaftspflege, der Erholungsvorsorge und der Fischerei grundsätzlich abzulehnen sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.07.1994 - 8 S 1428/94 -, VBlBW 1994, 454; Urteil vom 18.08.1988 - 5 S 2975/87 -). Daß der Beklagte diesen öffentlichen Belangen einseitig Vorrang vor den Belangen einer wirtschaftlichen Grundstücksnutzung eingeräumt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Falle der vom Kläger beanstandeten Grabenausbaumaßnahme handelt es sich auch nicht etwa um die Neuanlegung eines Wasserlaufs, sondern um die Ersetzung einer bereits vorhanden gewesenen Verdolung.

Anmerkung

Vgl. Flurbereinigungsgericht Lüneburg vom 21.06.1978, RzF - 30 - zu § 28 Abs. 1 FlurbG.