imported>Unknown user Keine Bearbeitungszusammenfassung |
(kein Unterschied)
|
Aktuelle Version vom 2. August 2021, 12:53 Uhr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.04.1989 - 5 C 41.84 = RdL 1989 S. 183= DVBl. 1989 S. 1114 (LS)
Aktenzeichen | 5 C 41.84 | Entscheidung | Urteil | Datum | 25.04.1989 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1989 S. 183 = DVBl. 1989 S. 1114 (LS) | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | § 64 Satz 1 FlurbG ermächtigt die Flurbereinigungsbehörde nicht, durch Plannachtrag eine zwischen den Beteiligten des durch die Planausführung geschaffenen Privatrechtsverhältnisses streitige Auslegungsfrage schiedsrichterlich ordnend zu entscheiden. Die Teilnehmer sind vielmehr mit Streitigkeiten, die Inhalt, Umfang und Ausübung einer plangeschaffenen Grunddienstbarkeit betreffen, auf den Zivilrechtsweg verwiesen. |
2. | Das in § 64 Satz 1 FlurbG genannte öffentliche Interesse erfaßt nicht das Interesse der Allgemeinheit, die materielle Rechtslage in Übereinstimmung mit den Eintragungen im Grundbuch zu halten. |
Aus den Gründen
Das Urteil des Flurbereinigungsgerichts verletzt Bundesrecht insofern, als es in § 64 FlurbG eine tragfähige Ermächtigungsgrundlage für den Nachtrag III zum Zusammenlegungsplan erblickt. Das Flurbereinigungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen, weil der Nachtrag III rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie des mit der Klage angefochtenen Nachtrags III (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).
Belastet die Flurbereinigungsbehörde, um - wie hier - die Gleichwertigkeit einer Abfindung herzustellen, im Verfahrensgebiet belegenen Grundbesitz durch Bestellung einer (privatrechtlichen) Grunddienstbarkeit (vgl. hierzu BVerwGE 26, 173 (176 ff.); 79, 9 (12 f.) sowie Urteil vom 19.08.1970 - BVerwG 4 C 61.67 (Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 5 = RdL 1971, 43/45)), so bestimmen sich, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 25.04.1985 - BVerwG 5 C 49.82 (Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 17) ausgeführt hat, von dem Zeitpunkt an, in dem der neue Rechtszustand eingetreten (§ 61 Satz 2 i. V. m. den § 62 bis § 64 FlurbG, die nach Maßgabe der § 92 Abs. 2 und § 101 FlurbG auch im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren gelten) und mit ihm die im Flurbereinigungsplan (Zusammenlegungsplan) vorgesehene Dienstbarkeit rechtlich entstanden ist, die Beziehungen zwischen den daraus Berechtigten und Verpflichteten ausschließlich nach bürgerlichem Recht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn und soweit der Plan auch tatsächlich vollzogen ist.
Von diesen Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall gemäß § 137 Abs. 2 VwGO auszugehen; denn das Flurbereinigungsgericht hat, ohne daß hiergegen Verfahrensrügen erhoben worden sind, festgestellt, daß im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Nachtrags III an den Kläger der Eintritt des neuen Rechtszustandes längst festgesetzt, das Verfahren hinsichtlich seiner tatsächlichen Ausführung abgeschlossen und sogar bereits die Schlußfeststellung, wenn auch noch nicht unanfechtbar, angeordnet worden war. In dieser Schlußphase des Flurbereinigungs- bzw. Zusammenlegungsverfahrens aber fehlen der Flurbereinigungsbehörde Kompetenz und Befugnis, durch Erlaß hoheitlicher Maßnahmen gleichsam schiedsrichterlich ordnend und klärend in die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen der Beteiligten einzugreifen; diese sind vielmehr mit Streitigkeiten, die Inhalt, Umfang und Ausübung der Dienstbarkeit betreffen, allein auf den Zivilrechtsweg verwiesen (Senatsurteil vom 25.04.1985 (a.a.O. S. 6)).
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen rechtfertigt auch § 64 FlurbG nicht. Zwar ermächtigt diese Vorschrift auch und ganz regelmäßig zu Eingriffen in die durch den ausgeführten Plan neugestalteten Privatrechtsverhältnisse der Teilnehmer, doch ist diese Befugnis auf Fälle einer durch die in § 64 Satz 1 FlurbG angeführten, besonders gewichtigen Interessen unumgänglich gewordenen Plankorrektur beschränkt (vgl. BVerwGE 49, 176 (181 f.) sowie Urteil vom 26.03.1981 - BVerwG 5 C 67.79 (Buchholz 424.01 § 64 FlurbG Nr. 4 = RdL 1981, 180/181)). Ein solcher Fall aber liegt nicht vor. Die Flurbereinigungsbehörde hat die Ermächtigung des § 64 Satz 1 FlurbG vielmehr in Anspruch genommen, um eine zwischen den Beteiligten des durch die Planausführung geschaffenen Privatrechtsverhältnisses streitige Auslegungsfrage autoritativ zu entscheiden, nämlich ob durch die prämienbegünstigte Aufgabe der Milchviehhaltung seitens des Klägers die der Grunddienstbarkeit durch den Zusammenlegungsplan beigegebene auflösende Bedingung eingetreten und dadurch das Überwegungsrecht gemäß § 158 Abs. 2 BGB erloschen ist oder nicht. Der Nachtrag III stellt sich also der Sache nach gar nicht als gestaltende Änderung des Umlegungsplans, als Plankorrektur, sondern als streitentscheidender Verwaltungsakt auf dem Gebiet des Privatrechts dar. Hierzu ermächtigt § 64 Satz 1 FlurbG nicht.
Das dort genannte öffentliche Interesse erfaßt im übrigen entgegen der Ansicht des Flurbereinigungsgerichts auch nicht das Interesse der Allgemeinheit, die materielle Rechtslage in Übereinstimmung mit den Eintragungen des Grundbuchs zu halten. Die Berichtigung der öffentlichen Bücher, wie sie in den § 79 bis § 82 FlurbG geregelt und auch bei nachträglichen Planänderungen vorgesehen ist (§ 83 FlurbG), ist Folge, nicht Zweck der mit der Flurbereinigung angestrebten Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes. Der im Flurbereinigungsplan vorgesehene, durch die Ausführungsanordnung bewirkte neue Rechtszustand tritt außerhalb des Grundbuchs ein (vgl. BVerwGE 9, 288 (289) sowie Beschluß vom 01.11.1976 - BVerwG 5 B 82.74 (Buchholz 424.01 § 15 FlurbG Nr. 3 = RdL 1977, 323)), und zwar zu dem Zeitpunkt, der in der Ausführungsanordnung festgesetzt ist (§ 61 Satz 2 FlurbG). Er führt zu einer inhaltlichen Unrichtigkeit des Grundbuchs und löst einen Berichtigungsbedarf aus, der im Rahmen der Ausführung des Flurbereinigungsplans (Zusammenlegungsplans) verfahrensmäßig aufzuarbeiten ist. Die Berichtigung der öffentlichen Bücher ist demnach Teil der Ausführung des Flurbereinigungsplans (Zusammenlegungsplans) und in diesem Sinne die formelle Seite der durch die Ausführungsanordnung getroffenen materiellen Entscheidung (vgl. BVerwGE 9, 288 (290) sowie Beschluß vom 01.11.1976 (a.a.O.)), nicht aber Rechtfertigungsgrundlage für eine Plankorrektur nach Planausführung. Ebenso wie das durch die Planausführung entstandene materielle dingliche Recht vom Flurbereinigungsverfahren in das Privatrecht entlassen wird, gilt dies auch für die verfahrensrechtliche Seite der Rechtsklärung und Rechtsdurchsetzung; sie ist grundsätzlich der Initiative des betroffenen Privaten überantwortet, der Rechtsvergewisserung und Rechtsdurchsetzung im ordentlichen Rechtsweg mit den dort zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfen zu verfolgen hat. Eine solche zivilrechtliche Auseinandersetzung zweier Teilnehmer mit hoheitlichen Mitteln "zu bereinigen" (vgl. den letzten Satz der Erläuterungen zum Nachtrag III), steht der Flurbereinigungsbehörde nicht zu; denn es ist - wie das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach entschieden hat (vgl. BVerwGE 47, 133 (136); 55, 48 (50) sowie Urteile vom 13.11.1958 - BVerwG I C 132.57 (Buchholz 424.01 § 37 FlurbG 1953 Nr. 1 S. 4) und vom 23.06.1988 - BVerwG 5 C 69.84 (Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 20)) - nicht Aufgabe der Flurbereinigung, private Streitigkeiten zu schlichten.