imported>Unknown user Keine Bearbeitungszusammenfassung |
(kein Unterschied)
|
Aktuelle Version vom 2. August 2021, 12:45 Uhr
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 06.10.1960 - I C 64.60 = BVerwGE 12, 1
Aktenzeichen | I C 64.60 | Entscheidung | Urteil | Datum | 06.10.1960 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = BVerwGE 12, 1 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Es wird an der Rechtsprechung festgehalten, daß die in der Umlegung vorgenommenen unentgeltlichen Landabzüge für Verkehrsflächen keine Enteignung darstellen, wenn sich die Maßnahme im Rahmen des Umlegungszwecks hält und der Grundsatz der wertgleichen Abfindung gewahrt wird. |
2. | Entsteht Streit, ob dieser Grundsatz eingehalten worden ist, so unterliegt auch die allgemein bestimmte Anrechnung eines für den Grundeigentümer durch die Umlegung entstehenden Vorteils der gerichtlichen Prüfung. |
Aus den Gründen
Die Revision wendet sich dagegen, daß nach dem Umlegungsplan 20 v.H. der vom Kläger in das Verfahren eingebrachten Grundstücksflächen für Verkehrsflächen unentgeltlich in das Eigentum der Gemeinde übergehen sollen. Er sieht darin eine Enteignung, die mit Art. 14 GG nicht in Einklang stehe, weil eine Entschädigung ausgeschlossen sei (so auch Giese, DWoWi 1952 S. 44 (45)). Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, daß die städtebauliche Umlegung nach dem Baulandgesetz ihrer rechtlichen Natur nach keine Enteignung darstellt. Das schließt jedoch nicht aus, daß einzelne Vorschriften der Umlegungsgesetze gleichwohl Enteignungscharakter haben. Da die der Behörde gestellte Aufgabe vielfach nicht allein mit umlegungsrechtlichen Vorschriften erreicht werden kann, bedarf sie der gesetzlichen Handhabe, unter bestimmten Voraussetzungen in Zusammenhang mit einem Umlegungsverfahren Enteignungen durchzuführen. Es muß daher im einzelnen geprüft werden, ob die in Betracht kommende Vorschrift eine Enteignungsvorschrift darstellt. Nur wenn das bejaht werden muß, hängt ihre Gültigkeit u.a. davon ab, ob sie eine dem Art. 14 Abs. 3 GG entsprechende Entschädigungsregelung enthält.
Die Entscheidung der Behörde beruht auf § 13 Abs. 4 AufbG und § 19 Abs. 1 BLG. Hiernach kann der Gemeinderat bestimmen, daß das zu den Verkehrs- und Erholungsflächen erforderliche Gelände in neu aufzuschließenden Gebieten bis zu 30 v.H., in bereits bebauten Gebieten bis zu 10 v.H. der Gesamtmasse unentgeltlich in das Eigentum der Gemeinde übergeht. Der Kläger beruft sich zur Unterstützung seiner Auffassung, daß es sich hierbei um einen Enteignungstatbestand handle, vor allem auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, der in seiner Entscheidung vom 21.4.1960 (DÖV 1960 S. 460) unter Hinweis auf die in der Literatur z.T. vertretene Meinung die vergleichbare Bestimmung des Art. 7 Abs. 6 des bayerischen Baulanderschließungsgesetzes für verfassungswidrig erklärt und hierzu ausgeführt hat: Durch die Ausscheidung der Gemeindebedarfsflächen verkürze sich die zur Verteilung zur Verfügung stehende Gesamtmasse; die Vorschrift ermögliche "also die vollständige Entziehung des Eigentums an Grundstücken oder Grundstücksteilen". Die Entziehung aller Rechte gehe aber jedenfalls über den Begriff der sozialen Bindung des Eigentums hinaus, sie sei also eine Enteignung.
Demgegenüber hat der erkennende Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, daß Vorschriften, die Landabzüge für Erschließungszwecke im Rahmen der Umlegung zulassen, mit Art. 14 GG in Einklang stehen und keine Enteignung darstellen, wenn die gesetzlich zulässigen Maßnahmen sich im Rahmen der Zweckbestimmung der Umlegung halten und der Grundsatz der wertgleichen Landabfindung gewahrt ist (vgl. BVerwGE 1, 225 (228); 2, 154; 4, 191 (195); 6, 79; 8, 95; 10, 3). Andererseits hat der Senat Vorschriften, die Landabzüge für Anlagen vorsehen, die nicht mehr den Interessen der Beteiligten dienen, also über den Zweck der eigentlichen Umlegung hinausgehen, als Enteignungstatbestände angesehen (vgl. BVerwGE 3, 156). An dieser Auffassung ist trotz der hiergegen erhobenen Bedenken festzuhalten.Anmerkung
Diese Entscheidung ist zur Baulandumlegung nach dem württemberg-badischen Baulandgesetz ergangen.