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Aktuelle Version vom 18. November 2025, 09:33 Uhr


Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 26.11.2024 - 9 K 345/23 OVG (Lieferung 2025)

Aktenzeichen 9 K 345/23 OVG Entscheidung Urteil Datum 26.11.2024
Gericht Flurbereinigungsgericht Greifswald Veröffentlichungen Lieferung 2025

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Bodenordnungsverfahren sind mehrstufig ausgestaltet. Die Betroffenen tragen die Anfechtungslast hinsichtlich jeder Teilentscheidung. Der gestufte Rechtsschutz steht einem späteren Rechtsschutzverfahren entgegen. (red. Leitsatz)


2. Der Verwaltungsakt Bodenordnungsplan wird nicht dadurch rechtswidrig, dass seine Bestimmungen womöglich nicht zweckmäßig sind. (red. Leitsatz)


3. Eine Einfriedung hat in der Regel eine trennende Wirkung mit der Folge, dass sich der außerhalb liegende Teil des Grundstücks als optisch selbständig darstellt und in einem solchen Fall mangels räumlichen Zusammenhangs eine einheitliche Nutzung ausscheidet, so dass bereits deswegen keine geschützte Fläche nach § 45 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 FlurbG vorliegt. (red. Leitsatz)


Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb eines Monates erhoben worden.

Die Klage ist unbegründet (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bodenordnungsplan vom 15. Juni 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2023 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Der im hiesigen Anfechtungsprozess gegen den Bodenordnungsplan erhobene Einwand der Klägerinnen, der Anordnungsbeschluss vom 28. Juni 2004 sei mit den Zielsetzungen des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes nicht vereinbar, führt ebenso wie ihre Angriffe gegen nachfolgende Änderungsbeschlüsse nicht zum Erfolg. Sie hätten in einem früheren Verfahrensstadium erhoben werden müssen. Die Klägerinnen sind damit im vorliegenden Verfahren inzwischen ausgeschlossen:

Es ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt, dass das Bodenordnungsverfahren mehrstufig ausgestaltet ist. Es besteht aus den drei aufeinander abgestimmten Teilentscheidungen "Anordnungsbeschluss" (§ 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 4 FlurbG), "Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung" (§ 63 Abs. 2 LwAnpG in Verbindung mit § 27 ff. FlurbG) und "Bodenordnungsplan" (§ 59 LwAnpG). Hinsichtlich jeder Teilentscheidung tragen die von der Entscheidung Betroffenen die Anfechtungslast. Die selbständige Anfechtbarkeit von Teilentscheidungen führt im Ergebnis zu einem gestuften Rechtsschutz, der der Überprüfung einer unanfechtbar gewordenen Teilentscheidung hinsichtlich des durch sie geregelten Rechtsbereichs in einem späteren Rechtsschutzverfahren entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 9 C 11.13 -, juris, Rn. 13 m.w.N. <RzF - 2 - zu § 58 LwAnpG>). Da der Anordnungsbeschluss mit der Begründung angefochten werden kann, die sachlichen Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 4 FlurbG lägen nicht vor, sind nach dessen Bestandskraft dahingehende Einwände in späteren Verfahren ausgeschlossen (so: BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2018 - 9 B 26/17 -, juris, Rn. 9 <RzF - 80 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG>).

Das Gericht hat auch keine Veranlassung anzunehmen, dass der Anordnungsbeschluss vom 28. Juni 2004 oder die nachfolgenden Änderungsbeschlüsse nichtig wären und damit auch dem angefochtenen Bodenordnungsplan die Grundlage fehlte. Ein Verwaltungsakt ist nach § 44 Abs. 1 VwVfG nichtig, soweit er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ein solch schwerwiegender Fehler ist weder von Klägerseite angesprochen worden noch sonst für das Gericht erkennbar. Auch ein Fall des § 44 Abs. 2 VwVfG liegt nicht vor.

Wenn die Klägerinnen darüber hinaus einwenden, der Bodenordnungsplan sei nicht zweckmäßig, so können sie damit ebenfalls keinen Erfolg haben. Im Anfechtungsprozess gegen den Bodenordnungsplan gehört die Zweckmäßigkeit des Plans nicht zum Prüfprogramm. Dieses bestimmt sich nach § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach der Verwaltungsakt aufgehoben wird, wenn er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Der Verwaltungsakt Bodenordnungsplan wird nicht dadurch rechtswidrig, dass seine Bestimmungen womöglich nicht zweckmäßig sind (vgl. nur allg. Decker BeckOK VwGO, Posser/Wolff/Decker, Stand: 1. Juli 2024, § 114, Rn. 26).

Eine auf die Zweckmäßigkeit der Abfindungsgestaltung gerichtete Überprüfungsbefugnis des Flurbereinigungsgerichts folgt auch nicht aus § 146 Satz 2 FlurbG. Danach hat das Flurbereinigungsgericht auch zu prüfen, ob die Flurbereinigungsbehörde oder die obere Flurbereinigungsbehörde in zweckmäßiger Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1978 - V C 16.76 -, juris, Rn. 24f < RzF - 7 - zu § 146 Nr. 2 FlurbG>) ist in diesem Zusammenhang von folgendem auszugehen: Das Gericht hat auch zu prüfen, ob die Flurbereinigungsbehörde oder die obere Flurbereinigungsbehörde von ihrem Ermessen in zweckmäßiger Weise Gebrauch gemacht hat. Ist ein Teilnehmer gleichwertig abgefunden, so erstreckt sich die Prüfungskompetenz des Flurbereinigungsgerichts nach § 146 Nr. 2 FlurbG nicht darauf, alternativ zu gestalten, um eine ebenfalls zweckmäßige oder eine zweckmäßigere Gesamtabfindung herbeizuführen; sie beschränkt sich darauf, darüber zu befinden, ob die zur Plangestaltung ermächtigten Flurbereinigungsbehörden "in zweckmäßiger Weise von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht" haben. Geprüft werden soll danach nicht die "Zweckmäßigkeit" einer Abfindung an sich, sondern, ob von dem Gestaltungsermessen bei den Abfindungserwägungen in zweckmäßiger Weise Gebrauch gemacht worden ist. Für eigenes Planermessen des Flurbereinigungsgerichts ist danach kein Raum. Die Überprüfung setzt also eine zu prüfende Ermessensbetätigung der Flurbereinigungsbehörden voraus, um feststellen zu können, ob sie ihr Ermessen zweckmäßig ausgeübt haben.

Zweckmäßig ist der Ermessensgebrauch dann, wenn er geeignet ist, den mit dem Gestaltungsauftrag verfolgten Zweck zu erfüllen. Dieser Zweck ist im Rahmen der bei der Neuordnung abzuwägenden Interessen der Teilnehmer grundsätzlich erreicht, wenn die Gleichwertigkeit der Gesamtabfindung gewährleistet ist. Wird vom Flurbereinigungsgericht bei der nach § 146 Nr. 2 FlurbG eingeräumten Prüfungskompetenz die Gleichwertigkeit der Abfindung des klagenden Teilnehmers festgestellt, dann ist auch von dem Ermessen in zweckmäßiger Weise Gebrauch gemacht. Nur in Extremfällen könnte vielleicht etwas Anderes gelten; ob etwa bei mehreren Möglichkeiten gleichwertiger Abfindung die planerische Auswahl unter rein schikanöser Mißachtung verständlicher Wünsche eines Teilnehmers erfolgt, würde schon nach § 114 VwGO der gerichtlichen Prüfung offenstehen. Bei festgestellter Gleichwertigkeit der Gesamtabfindung kann sonst ein unzweckmäßiger oder zweckwidriger Ermessensgebrauch nicht vorliegen. Ist eine Gleichwertigkeit der Gesamtabfindung festzustellen, dann ist die Kontrollbefugnis erschöpft und für eine anderweitige Gestaltung kein Raum. Nur bei nachweisbar nicht erreichter Gleichwertigkeit - gleich welcher wertbestimmende Faktor dabei unberücksichtigt geblieben oder nicht wertgerecht berücksichtigt worden ist - steht dem Flurbereinigungsgericht eine Verwerfungskompetenz verbunden mit einer Gestaltungsbefugnis zur Gewährleistung einer gleichwerten Abfindung zu.

Der Bodenordnungsplan ist schließlich auch nicht rechtswidrig, weil er die Klägerinnen nicht wertgleich abfinden würde. Diese sind vielmehr in weitgehend „alter Lage“ wertgleich abgefunden worden.

Die Klägerinnen haben nach dem Teilnehmernachweis – alte Grundstücke vom 1. Dezember 2021 das Flurstück in der Gemarkung K. B., Flur 1, Flurstück 35/3 mit einer Größe von 1280 qm in das Verfahren eingelegt. Sie sind nach dem Teilnehmernachweis – neue Grundstücke desselben Datums abgefunden worden mit dem Flurstück 3, Flur 1 der Gemarkung K. B. in einer Größe von 1264 qm. Die Minderausweisung in Land beträgt damit 16 qm bzw. 1,25 %. Eine solche Minderausweisung (§ 44 Abs. 3 Satz 2 FlurbG) ist zulässig, wenn es sich dabei um einen geringfügigen Spitzenbetrag handelt (vgl. Wingerter/Mayr, Flurbereinigungsgesetz, 10. Auflage, § 44, Rn. 57) und diese unvermeidbar ist. Beide Voraussetzungen sind hier zu bejahen. Die Planungsabsicht des Beklagten, mit dem Beleuchtungsmast und den Elektrokabeln vorhandene Versorgungsleitungen und Einrichtungen dem Wegegrundstück der Gemeinde W. flächenmäßig zuzuordnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Des Weiteren hat sich der Beklagte offenbar veranlasst gesehen, den damit für das Einlageflurstück der Klägerinnen am F.-weg eintretenden Flächenverlust möglichst gering zu halten bzw. das Wegegrundstück „F.-weg“ (Flurstück 132) nicht breiter zu gestalten als unbedingt notwendig. Das kann dem Umstand entnommen werden, dass er die Grenze zu dem Wegegrundstück – wie auf Seite 4 des Widerspruchsbescheides ersichtlich – noch über den Zaun der Klägerinnen zum F.-weg hinausgezogen hat. Eine zu einer größeren Landabfindung im Umfang von 16 qm führende Verschwenkung der Grundstücksgrenze zu den Nachbargrundstücken kommt als realistische Planungsalternative nicht in Betracht. Eine solche Grenzverschiebung führte zwangsläufig wiederum zu Beschränkungen der Abfindungen der Eigentümer dieser Grundstücke. Außerdem haben die Klägerinnen selbst vorgetragen, dass eine solche Grenzverschiebung zu keiner irgendwie gearteten besseren Nutzbarkeit ihres Grundstückes führe und an der Lebenswirklichkeit nichts ändere.

Dem neuen Grenzverlauf zum F.-weg steht auch nicht § 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG entgegen. Danach können Hofflächen nur dann verändert werden, wenn der Zweck der Flurbereinigung das erfordert. Zwar können auch Personen, die keinen (Land-)Wirtschaftsbetrieb führen, als Eigentümer eines Hausgrundstücks eine den Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG genießende Hoffläche haben (BVerwG, Urteil vom 30.09.1992 - 11 C 1/92, juris <RzF - 51 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>). Für die Grundstücksfläche außerhalb der Umzäunung zum F.-weg, die den Klägerinnen zugunsten des Wegegrundstückes nicht mehr zugeteilt worden ist, fehlt es für die Charakterisierung als Hoffläche jedoch an einem funktionalen Zusammenhang mit ihrem Wochenendhausgrundstück. Es wird in der Rechtsprechung zutreffend vertreten, dass eine Einfriedung in der Regel eine trennende Wirkung mit der Folge hat, dass sich der außerhalb liegende Teil des Grundstücks als optisch selbständig darstellt und in einem solchen Fall mangels räumlichen Zusammenhangs eine einheitliche Nutzung ausscheidet, so dass bereits deswegen keine geschützte Fläche nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG vorliegt (BayVGH, Urteil vom 28.06.2016 - 13 A 15.1475 -, juris).

Ist der Anspruch der Klägerinnen auf wertgleiche Abfindung danach erfüllt, kann offenbleiben, ob der dem Wegegrundstück (Flurstück 132) zugeordnete Teil des Einlagegrundstückes der Klägerinnen dem Verkehrsflächenbereinigungsgesetz – wie es die Widerspruchsbehörde vertritt – unterfällt und damit schon nicht zu den Grundstücksflächen zählt, für die ein Anspruch auf Landabfindung besteht (vgl. dazu Senatsurteil vom 6. Dezember 2017 - 9 K 163/16 -, juris, Rn. 55).

Der für den Verlust der Grundstücksfläche den Klägerinnen zugeteilte Ausgleichsbetrag von 193,12 Euro ist entgegen der Auffassung der Klägerinnen zutreffend.

Das Einlagegrundstück hat nach dem Wertnachweis (FBB MM-Einzelheft, Bl. 31) bei einer Wertzahl von 211 und einer Grundstücksgröße von 1280 qm eine WVZ von 2701. Das Abfindungsflurstück hat eine Größe von 1264 und daraus folgend eine WVZ von 2667.

Der Unterschied beträgt 34 WVZen. Diese ergeben bei einem – hier gegebenen - Kapitalisierungsfaktor von 5,68 Euro/qm den Betrag von 193,12 Euro. Der Berechnung der Klägerinnen in ihrem Schriftsatz vom 20. Oktober 2024 ist nicht zu folgen. Sie geht bereits fälschlicherweise davon aus, dass ihr Grundstück um 20 qm verkleinert werde. Dies trifft nur zu, soweit es um die Grenzverschiebung am F.-weg zugunsten des Wegegrundstückes geht. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass die Grundstücksgrenze des Abfindungsflurstücks nach Westen um 4 qm ausgeweitet wird, sodass die Abfindung der Klägerinnen nur um 16 qm kleiner ist als deren Einlage. Darauf, ob die Klägerseite mit dieser Verschiebung um 4 qm einverstanden ist oder nicht, kommt es nicht an. Einen Anspruch auf Abfindung in identischer Lage gibt es nicht.)